Montag, 29. Januar 2018

Wow-Momente...

Die weiteste Januar-Tour aller Zeiten steht an. Tönt spektakulärer, als es ist. Denn schliesslich kann man den diesjährigen Januar gewiss nicht als das sehen, was er sein sollte: ein kalter Wintermonat nämlich. Daher wird das keine wirkliche Winterfahrt, sondern, je nach Geschmack, eine Herbst- oder Frühlingsfahrt. Heute und morgen sollen uns zwei Schönwettertage erwarten, bevor pünktlich auf den Februar wieder ein anderes Vögelchen pfeift: ein Wasservögelchen. Also unbedingt ausnutzen. Ich starte bei Nebel und minus 1 Grad Richtung Wynigen...
 
Diesmal brauche ich sogar die Handschuhe. Und das ist auch gleich der erste Wow-Moment – zugegeben mit etwas Ironie. Bereits nach wenigen Kilometern Fahrt gibt der Nebel vor Wynigen auf und macht einem strahlend blauen Himmel Platz: der erste wahre Wow-Moment. Dieser Vitamin-D-Schub ist sehr willkommen. Via Mistelberg nehme ich die Auffahrt zur Lueg und mache mich dann über Affoltern und Gammenthal auf den Weg nach Grünenmatt. Ausgangs Grünenmatt biege ich auf den "Allee-Singletrail" Richtung Ramsei ein. Auf dem Pfad steige ich kurz ab, um ein Foto zu machen. Plötzlich packt etwas von hinten meinen Rucksack...
 
Ein wenig erschrocken drehe ich mich um und schaue direkt in die Nasenlöcher eines Pferdes. Was fällt dem ein, unbescholtene Rentner derart zu erschrecken? Der Täter wird ebenfalls fotografiert. Dann geht es weiter nach Ramsei. Nach einigen Orientierungsproblemen finde ich im Anschluss Rüderswil doch noch (…) und fahre über einen kleinen Pass nach Niederbach. Hier wandern Jacke und Handschuhe endgültig in den Rucksack, es ist frühlingshaft warm. Via Schönholz, Siegenthal und Aetzlischwand geht es am Fischerhubel vorbei zu einer alten Bekannten: der Blasenfluh, die ich in letzter Zeit fast ein wenig massiere...


Pfad einem Bach entlang
Pfad Richtung Ramsei
Neugieriges schwarzes Pferd
Neugieriges Pferd bei Grünenmatt
Weg durch typische Emmentaler Landschaft
Bei Siegenthal
 
Die Hoffnung, der Weg dort hinauf könnte in der Zwischenzeit frei von Fallholz sein, ist nur leise und schwach. Und vergebens. Dieser Weg hat verständlicherweise keine Priorität bei den Räumungsarbeiten. Also kraxeln wir wieder ein bisschen. Auch wenn ich die Blasenfluh in letzter Zeit öfter besucht habe – etwas ist heute anders: das Wetter. Es ist einfach nur bombastisch und die Fernsicht ebenso! Der Januar 2018 will sich ziemlich scheinheilig davonschleichen, was ich ihm jedoch nicht verüble. Mit "Ende gut, alles gut" möchte ich ihn allerdings auch nicht rehabilitieren bei all dem, was er geboten hat...
 
Für die Blasenfluh-Abfahrt nehme ich den Singletrail Richtung Ofeneggalp. Mehrere Bäume liegen darauf, aber dicht beieinander und bereits ein wenig "bearbeitet", so dass das Ganze erträglich ist. Mit einer leichten Schlaufe fahre ich weiter hinab Richtung Oberthal. Nach einer moderaten Gegensteigung geht es recht steil nach Zäziwil runter (in der Region auch "Zäzipfupf" genannt). Hier war ich fast 10 Jahre nicht mehr. Eine lange Zeit. Apropos Zeit: Zeit für eine kurze Pause. Ich schicke eine SMS mit dem Inhalt "tätowieren" nach Hause...

Ausblick nach Langnau i. E.
Blick von der Blasenfluh nach Langnau
Blick Richtung Schrattenfluh bei der Ofeneggalp
Bei der Ofeneggalp
Oberhünigen, dahinter Konolfingen und Grosshöchstetten
Aussicht bei Oberhünigen
 
Geschrieben habe ich zwar "Zäziwil", aber die Autokorrektur weiss es natürlich wieder besser. Prompt kommt "was, du lässt dich tätowieren?!" zur Antwort. Nachdem der Sachverhalt richtiggestellt ist, verlasse ich Zäziwil. Rasch folgt hinter dem Dorf die Steigung zum Tagesziel, dem Churzenberg. Ich passiere das verstreute Dorf Oberhünigen. Die letzten 200 Höhenmeter verlaufen dann im Wald. Schliesslich erreiche ich auf gut 1100 m die Krete, wo sich bei wolkenlosem Himmel eine phantastische Sicht auf die Berge öffnet. Der nächste Wow-Moment. Ein tiefgründiger. Es ist so hammerschön, dass man fast sentimental wird...

Grasweg mit Blick Richtung Alpen
Alpenblick auf dem Churzenberg
Aussichtsreicher Feldweg oberhalb Linden i. E.
Aebersoldhöhe
Rastplatz mit Alpensicht
Rastplatz zwischen Aebersold und Ringgis
 
Nach einer so langen Zeit der Tristesse mit Sturm, Schiff und Nebel ist das eine regelrechte Genugtuung. Bei schönstem Panorama fahre ich via Aebersold nach Ringgis, mit 1168 m der Touren-Höhepunkt. Jetzt folgt der Downhill nach Bowil. Über einen schattigen, feuchten Wiesentrail geht es zum Hof Winterseiten, dann hinab zur Brüegg. Hier will ich einen Singletrail erkunden, der mir beim Kartenstudium immer wieder ins Auge gestochen ist. Als bereits nach zirka 65 Zentimetern die erste Tanne auf dem Trail liegt, überlege ich mir ernsthaft, die Strasse als Alternative zu nehmen. Das wäre dann Plan B. Mit "B" wie "blöd"...

Wanderweg nach Linden i. E.
Weg Richtung Linden i. E.
Weisses Pferd, dahinter Schneeberge
Weisses Pferd beim Hof Ringgis
Grasendes weisses Pferd bei Ringgis
Blick hinunter nach Jassbach
 
Denn schliesslich habe ich diese Abfahrt ja gerade wegen des Trails gewählt. Also werde ich das grosse Ding jetzt voll durchziehen. Und ich sollte es unter dem Strich nicht bereuen. Zwar liegt durchaus einiges an Botanik auf dem Pfad. Einzelne Bäume stehen zudem bedrohlich schief oder haben sich in anderen verkeilt. Ganz ungefährlich ist die Sache nicht. Der Trail fägt jedoch, auch wenn ich die nasse, steile Holztreppe am Schluss lieber zu Fuss bewältige. In Bowil zeigt die Kirchturmuhr bereits deutlich nach 15.00 Uhr, und mein Schatten zieht sich ordentlich in die Länge. Ich sollte langsam Gas geben...
 
Dem Schüpbachkanal entlang geht es an Signau vorbei nach Schüpbach, dann meist der Emme folgend bis vor die Tore Burgdorfs. Unterwegs schicke ich nochmals eine SMS nach Hause. Was wird die Autokorrektur wohl aus "Lützelflüh-Goldbach" machen? Ich hätte einen Vorschlag: Wie wäre es mit "Schnitzel-Pommes-Frites"? Oder vielleicht "Morgenfrüh-Goldfisch"? Aber nein, siehe da, die Autokorrektur versagt und sendet tatsächlich den Originaltext. Burgdorf umfahre ich wieder via Binzberg. Nach dem Downhill nach Bickigen stresse ich bei einbrechender Dunkelheit gemütlich die letzten Kilometer nach Hause...

Wanderweg zwischen Winterseiten und Brüegg
Bei Winterseiten, Abfahrt nach Bowil
Steiler Pfad durch den Wald bei Bowil
Wanderweg nach Bowil
Emmenweg mit Bike
Emme bei Ranflühschachen
 
Kaum zu glauben, dass ich zwischen Wynigen und Grasswil tatsächlich wieder in den Nebel eintauche. An exakt gleicher Stelle, wo ich vor einigen Stunden rauskam. Der Kerl hat sich offenbar die ganze Zeit über gehalten. Bei letztem Tageslicht komme ich zu Hause an. Was für ein Tag heute! Wow!
 

Höhenprofil



Tourdaten: Weite 109,2 km / Höhe 2290 m / Fahrzeit 6:31 h
GPS-Aufzeichnung der Tour: Blasenfluh / Churzenberg
 

Mittwoch, 24. Januar 2018

Richtige Entscheidung...

Gespenstische Stimmung da draussen: Es ist alles ruhig, der Himmel dezent bläulich. Ab und zu ist ein greller Punkt zu sehen. Dazu kaum Wind, geschweige denn Sturm. Und es soll den ganzen Tag trocken bleiben. Ungewohnt, fast schon unheimlich. Zwei Sachen stehen heute zur Auswahl: Spannende WEF-Reden anhören, bei denen mit Privatjets, Helikoptern und Limousinen angereiste Leute von Nachhaltigkeit sprechen oder aber ab aufs Bike. Nach langem Zögern entscheide ich mich für das Zweite. Leider ist es schon fast Mittag, als ich starte...
 
Heute will ich eine Tour fahren, die schon lange für einen lauen Tag im schneelosen Hochwinter vorgesehen ist. Eine Art Evergreen – im doppelten Sinne. Keine grosse Sache; eine klassische Januar- oder auch Februar-Tour halt. In südöstlicher Richtung fahre ich davon, lande etwas anders als geplant auf dem Lindenpass und mache mich via Kleindietwil und Rohrbach auf nach Huttwil. Das "Blumenstädtchen" streife ich aber nur ganz im Westen. Die Sonne scheint und setzt mir ein leichtes Grinsen auf. Aus Freude, nicht aus Unglauben!
 
Ich fahre via Schwarzenbach und Belzhöhe nach Eriswil, das ich auf einem neu angelegten Wanderweg, einem kurzen Singletrail, erreiche. Bis hierher führte die Strecke kaum durch den Wald; die Wege sind entsprechend nicht mehr ganz so morastig. Trotz eines verdächtigen Knurrens im Magenbereich verzichte ich auf eine Pause in Eriswil. Der Hunger wird ohnehin bald gestillt. Zu fressen gibt es jetzt nämlich ein paar Höhenmeter. Was meine Verpflegungsmethodik während des Bikens anbelangt, feiere ich gerade ein Jubiläum: 15 Jahre Unbelehrbarkeit...

Ländliche Gegend um Huttwil
Eriswil, Belzhöhe
Auf schmalem Pfad nach Eriswil
Letzte Meter nach Eriswil
Ein Hügel, ein Berg, eine zerfallene Scheune
Zwischen Eriswil und Ahorn
 
Mein erstes Ziel ist das Ahorn. Für den Aufstieg wähle ich ausnahmsweise die Strasse, wenn auch mit ein paar kurzen Umgehungsvarianten. Im Winter darf es auch mal Teer sein, zumal ich damit einigermassen sichergehe, das Ziel ohne Kletterübungen zu erreichen. Unmittelbar vor dem Ahorn wechselt das Kantonswappen: Der Berner Bär läuft aus dem Bild, der Hintergrund verfärbt sich blau-weiss – passend zum Himmel. Willkommen im Kanton Luzern. Das Restaurant befindet sich bereits auf Luzerner Boden. Ich bin am Höhepunkt meiner Tour angelangt, auf gut 1100 m...
 
Schnee? Nee! Und das trotz eisigen 6 Grad plus. Untertreiben darf ich jetzt aber nicht: Immerhin ein Schneefeld muss ich kurz nach dem Restaurant überqueren. Dann geht es auf einem schattigen und noch leicht schneebedeckten Singletrail sanft hinab zum Werniseggweidli, wo ich wieder an die Sonne gelange. Auf der Wernisegg habe ich wider Erwarten nicht Kies, sondern Beton unter den Rädern. Nicht gerade der Traum jeden Bikers, aber was soll's. Mir gefällt es hier. Völlig unbekanntes Terrain für mich, obwohl ich ringsherum schon war. Heute wird gewissermassen eine Wissenslücke gefüllt...
 
Bei der Fahrt über die Wernisegg vernichtet man nur zögerlich Höhenmeter. Zwei, drei Kilometer lang bleibt die Höhe noch vierstellig. Der sogenannte Wanderweg über den Höchstutz, gemäss Karte ein kurzer Singletrail, ist dann für Geschichtsliebhaber interessant: So in etwa muss es nach der Schlacht bei Sempach ausgesehen haben, als die Gefallenen abgeführt waren. Ein einziges Schlachtfeld. Also Plan B: zurück zur Strasse. Die Sicht zu den Alpen ist recht klar. Ist da wohl schon wieder der Föhn im Spiel? Via Hintergernet und Mettmenegg geht es hinab nach Hofstatt...

Bike mit Weitblick ins Luzernische
Auf dem Ahorn
Blick über das Luzerner Hinterland
Weitblick vom Ahorn
Feldweg bei Hintergernet
Hintergernet
 
Der Blickt schweift abwechselnd Richtung Alpen und Jura. Nach Hofstatt folgt nochmals ein kurzer Aufstieg. Hier kenne ich mich vorübergehend wieder aus. Der Berner Bär kommt kurz zurück ins Bild, läuft jedoch wenig später wieder weg. Es geht nämlich wieder auf Luzerner Hoheitsgebiet auf unbekannten Wegen hinab nach Huttwil. Bei Oberebnet fahre ich durch eine Gruppe Chinesen, die sich gegenseitig freudig fotografieren. Haben die sich verfahren? Die Rigi ist weiter östlich. Kurz nach den Asiaten biege ich auf einen Waldweg ein. Dieser ist im wahrsten Sinne des Wortes flüssig zu fahren...
 
Kurz vor Huttwil verabschiede ich mich endgültig vom Kanton Luzern. Diesmal streife ich den Ort am östlichen Ende, indem ich direkt zum Huttwilberg hinauffahre. Huttwilberg tönt nach mehr, als er ist, erhebt er sich doch nur etwa 100 Meter über dem Städtchen. Der Magen knurrt mittlerweile deutlich bestimmter, und prompt beginnt es mich allmählich zu zerlegen. Das war sehr gut abzusehen. Dennoch gelingt es mir, die Fahrt über die Höhe und die morastige Abfahrt nach Madiswil einigermassen zu geniessen. Flach wie eine Flunder nehme ich mir allen Ernstes vor, auch noch die restliche Strecke ohne Verpflegung durchzuziehen...

Blick vom Chrüzhubel Richtung Jura
Beim Chrüzhubel
Ausblick ob Eriswil zum Jura
Ausblick ob Eriswil
Blick vom Rohrbachberg Richtung Huttwil
Rohrbachberg
 
Darüber schüttle ich im Nachhinein, während ich diesen Text schreibe, auch den Kopf. Die Einsicht wäre also da, aber immer zu spät. Macht Adrenalin eigentlich unzurechnungsfähig? Nur ein geschlossener Bahnübergang bringt mich in Madiswil doch noch dazu, einen Riegel zu kaufen und sogar zu verzehren. Danach gebe ich mir den Rest (der Tour). Ein schönes Fährtchen trotz allem. Es war die richtige Entscheidung, raus zu gehen, statt sich den WEF-Reden zu widmen. Um die etwas steife Veranstaltung etwas zu lockern, hat man übrigens extra den besten US-Komiker nach Davos geladen. Übermorgen soll sein grosser Auftritt sein...
 
Apropos übermorgen – zum Schluss noch etwas Dramatik: Ich habe heute festgestellt, dass einige Seen auf den Feldern bereits alarmierende Tiefstände erreicht haben. Und auf den Wegen bilden sich bereits erste trockene Stellen. Aber keine Sorge: Spätestens übermorgen dürfte es wieder Nachschub des kostbaren Nasses geben. Das amerikanische Wettermodell meldet übrigens pünktlich ab Februar richtiges Winterwetter mit Kälte und Schnee bis ins Flachland! Aber ich denke, hier Trumpiert es sich gewaltig…
 
Höhenprofil

 
 
Tourdaten: Weite 68,2 km / Höhe 1590 m / Fahrzeit 4:05 h
GPS-Aufzeichnung der Tour: Ahorn-Wernisegg
 

Mittwoch, 17. Januar 2018

Spontan oder überstürzt...

Gestern Orkan, heute Büroarbeiten, morgen Orkan: So lautet die Reihenfolge. Ich bin am Verfassen eines Briefes, als mir kurz vor 14.00 Uhr plötzlich die Sonne schräg ins Gesicht scheint. Das hat bestimmt nichts zu bedeuten; der gestörte Wettermacher will wohl nur kurz ausleuchten, wo er noch ein bisschen rumschiffen und Bäume umlegen könnte. In wenigen Sekunden wird der Spuk sicher beendet sein, denke ich. Aber nein: blauer Himmel – minutenlang! In Rekordzeit ziehe ich die Bikekleider an, öffne die Haustüre und nehme einen herzhaften Graupelschauer entgegen. Von blauem Himmel keine Spur mehr...

Ist das jetzt auch Rekord? Oder April? Oder einfach nur Scheisse? Oder was?! Egal, jetzt gibt es kein Zurück mehr, ist es doch schon 14.00 Uhr! Und morgen soll ja das ungefähr dreissigste Tief des Jahres den dritten Orkan des Jahres bringen. Mit dem Normalo-Bike fahre ich ziellos davon. "Eben noch am Computer, jetzt auf unserer Showbühne", würde wohl Rudi Carrell sagen. Überstürzt oder spontan, je nach Geschmack. Mit 2 Grad ist es wieder mal alles andere als kalt. Der Wind ist recht stark, aber auszuhalten. Und so ein Graupelschauer macht doch viel mehr Spass, wenn er einem mit einer gewissen Geschwindigkeit ins Gesicht bläst...

Aber ich tue mir das ja freiwillig an. Wie fast immer, wenn ich kein Ziel habe, lande ich irgendwann in Oberbipp. Das ist fast schon ein Gesetz. So auch heute. Sandgestrahlt komme ich dort an und fahre bergwärts. Meine Fitness wurde anscheinend derart von der heutigen Tour überrumpelt, dass sie vor Schreck zu Hause am Computer geblieben ist. Beim steilen Aufstieg nach Wolfisberg knorze ich mir so richtig einen ab. Die Jacke ziehe ich aus, es ist zu warm. Oder zu wenig kalt. In der Höhe legt der Wind rasch zu, bleibt aber mit Böenspitzen von zirka 50 km/h vergleichsweise harmlos...


Sonne, dunkle Wolken und Schneeverwehungen
Kleiner Schneesturm bei Farnern
Mountainbike-Spur im Schnee
Stierenberg
Abendstimmung im Winter
Hinteregg

In der Höhe sinkt die Temperatur rasch unter den Gefrierpunkt, so dass mir ab etwa 800 m ein paar Schneestürmchen um die Ohren pfeifen, und ich mich zu fragen beginne, was ich hier eigentlich tue. Als aber zwischendurch wieder die Sonne zum Vorschein kommt, wird mir diese Frage beantwortet. Ich fahre mehr oder weniger ziellos am und auf dem Berg herum und wünsche mir ab und zu das Fattie, wenn ich mal wieder im vom Winde verwehten Schnee absaufe. Das Adrenalin pumpt. Jedenfalls vergesse ich, dass meine Fitness eigentlich miserabel ist...

Die Abendstimmung auf dem Berg ist trotz allem wunderbar. Und die paar Sonnenstrahlen sind Balsam in diesem einfach nur grauenhaften, jahreszeit-losen Januar. Schon alleine deswegen hat sich die Tour zwischen den Orkanen gelohnt. Schliesslich mache ich mich an den finalen Downhill und fahre trotz einbrechender Dunkelheit leicht ausschweifend nach Hause. Ob es das jetzt gebracht habe, werde ich dort leicht vorwurfsvoll gefragt. Beim Blick auf die Bilder sowie die Wetterprognose für die nächsten Tage lautet die Antwort klar ja. Und die Tour war übrigens spontan, nicht überstürzt...


Sonne auf dem Berg, Schatten im Mittelland
Blick ins Mittelland bei der Buchmatt
Untergehende Sonne auf dem Berg
Ankehubel
Weg in den Sonnenuntergang
Abendstimmung nahe Rumisberg
 
Tourdaten: Weite 47,8 km / Höhe 1120 m / Fahrzeit 3:25 h
GPS-Aufzeichnung der Tour: Hinteregg-Buchmatt

Montag, 15. Januar 2018

Pissiness as usual...

Momentan haben wir die äusserst seltene Situation, dass es gleich mehrere Tage hintereinander nicht geschifft hat. Und so stehe ich vor dem Luxusproblem, für eine Tour zwei Tage hintereinander zur Verfügung zu haben: Sonntag oder Montag. Gestern Sonntag hätte ich zwar oberhalb von rund 1100 m einen wolkenlosen Himmel gesehen, dafür aber riskiert, etwa 98 Prozent der Tour im und unter dem Nebel zu verbringen. Daher fiel der Entscheid auf den heutigen Montag, obwohl bereits gegen Abend wieder normales Januar-2018-Wetter vorhergesagt wird...
 
Und siehe da: Als ich um zirka 09.30 Uhr starte, ist doch tatsächlich keine einzige Wolke am Himmel zu sehen. Weil der Nebel einfach viel zu dicht ist. Mit minus 2 Grad ist es immerhin doppelt so kalt wie beim Start der letzten Tour. Man könnte schon fast meinen, es sei Winter. Mein erstes Ziel ist Affoltern im Emmental. Dazu nehme ich einen seit vielen Jahren nicht mehr gefahrenen Aufstieg Richtung Wäckerschwend. In der Höhe kündigen auflebender Südwestwind und Wolkenfelder den Wetterwechsel bereits an. Wenigstens sorgen beide auch dafür, dass es dem Nebel an den Kragen geht...
 
Prompt gibt dieser ab etwa 700 m Höhe nach und nach auf und macht einer schönen, mystischen Stimmung Platz. Via Friesenberg und Otterbachegg erreiche ich Affoltern. Bei der Abfahrt nach Gammenthal bei Sumiswald kommt es zu einer Schrecksekunde, als ich auf dem sonst trockenen Weg unverhofft mit einer vereisten Stelle konfrontiert werde. Das konnte ich wirklich nicht ahnen. Wer um Himmels Willen rechnet denn in unseren Wintern noch mit Eis? Die Stelle überstehe ich ohne Sturz, aber mit Schreck. Mein Weg führt mich via Ranflüh und Zollbrück an die Emme. Dieser folgend, geht es nach Schüpbach...


Baum mit Reif
Mystische Stimmung bei Affoltern
Weg in Raureif-Landschaft
Nahe Friesenberg
Raureif-Stimmung am Morgen
Raureif-Landschaft Richtung Lueg
 
Ein etwas langweiliger Aufstieg führt mich nach einer kurzen Pause auf die Anhöhe zwischen Signau und Eggiwil. Gerne würde ich dabei die recht breite Strasse verlassen. Doch als ich auf auf einen Waldweg einbiege, liegt fast schon demonstrativ nach wenigen Metern ein Baum quer darauf. Ist ja schon gut, war nur Spass. Ich gehe ja wieder zurück auf die Strasse. Auf 1052 m erreicht diese ihren höchsten Punkt. Hier ändert meine Fahrtrichtung von Süd nach West. Via Stockernhüsi und Heimenrütti geht es durch teils ziemlich einsame Landschaften zum heutigen Touren-Höhepunkt, dem gut 1100 m hohen Chuderhüsi...
 
Nur noch wenige gefallene Bäume versperren mir bis zum Ziel den Weg. Und auch die dürften nicht mehr lange zu sehen sein – weil wohl schon bald das Fallholz des nächsten Sturms darüber liegt. Die drei Meter Schnee hier oben sind ebenfalls kein Problem. Die liegen nebeneinander, und selbst das nur in Schattenlagen. Die Aussicht vom Chuderhüsi wäre super, doch leider sind bereits wieder dichte Wolken aufgezogen. Ein kurzer Singletrail führt Richtung Mühleseilen, wo einige charakteristische Emmentaler Höfe stehen. Etwas später fahre ich an einem Skilift vorbei, der schätzungsweise noch alle fünf Jahre zwei Tage in Betrieb ist...
 

Einsamer Weg am Waldrand
Einsamer Waldrandweg bei Heimenrütti
Blick zu den Emmentaler Alpen
Ausblick beim Chuderhüsi
Wurzeliger Waldpfad
Trail beim Chuderhüsi
Emmentaler Haus mit Schweizerfahne
Hof bei Mühleseilen
Skilift auf grüner Wiese
Skilift am Chuderhüsi
Umgestürzte Tanne mit hängendem Bike
Da blieb was hängen

Nach einem kurzen Downhill muss ich auf dem offensichtlich nur wenig begangenen Wanderweg zum Grübli doch noch über zwei Tannen klettern. Tannen sind leider ziemlich dicht verästelt – da bleibt schon mal was hängen, zum Beispiel ein Bike. Schliesslich erreiche ich die Ryffersegg, wo ich einen Vernunftsentscheid fälle. Dies ist ganz allgemein die Art von Entscheiden, die ich eher selten treffe. Aber als ich sehe, wie auf dem zur weiteren Abfahrt vorgesehenen Weg Holzstämme im Akkord aus dem Wald gezogen werden, nehme ich die Plan-B-Abfahrt nach Steinen bei Signau...

Ein kurzer, aber vitaminreicher Betonaufstieg führt jetzt auf die Anhöhe der Geissmatt, wo die recht heftige Steigung schlagartig aufhört. Über Häuslenbach und die Ofeneggalp geht es zu einer alten Bekannten: der Moosegg. Zwischen der Ofeneggalp und der Moosegg folgt zuerst ein Schneefeld, danach versperren wieder einige Bäume und vor allem Tannen den Weg östlich unterhalb der Blasenfluh. Den Spuren zufolge sind hier schon etliche Wanderer und Biker drüber. Bei der Moosegg frischt der Südwestwind allmählich böig auf...
 

Emmental mit Alpen im Hintergrund
Nahe des Weilers Häuslenbach
Emmentaler Hügellandschaft mit Raureif
Emmental pur
Reif auf einem Weg und Bike im Hintergrund
Moosegg-Abfahrt Richtung Norden

Die Bewölkung lässt mittlerweile keinen Sonnenstrahl mehr durch, und über dem Jura scheint es bereits zu schiffen. Es wird höchste Zeit, dass es mal wieder ein bisschen rumschifft und stürmt, der Januar 2018 könnte sonst seinen miserablen Ruf verlieren. In Gegenrichtung zur Tour vom 10. Januar bike ich Richtung Mützlenberg. Die Baumstämme, die damals noch den Weg blockiert hatten, sind in der Zwischenzeit abgeführt worden. Via Harrisberg folgt der Rest der Abfahrt. Mit der nahenden Warmfront im Nacken schalte ich auf Autopilot, der mich ungeplant mitten durch Lützelflüh statt aussenrum führt...

Ich folge der Emme bis vor die Tore Burgdorfs. Die Stadt umfahre ich vollständig zum Preis von ein paar Höhenmetern. Die Abfahrt von Hub nach Matten gehört zwar nicht zu den Top 100'000 meiner Lieblingsabfahrten, ist aber für heute zweckmässig. Bei einbrechender Dunkelheit geht es an Wynigen vorbei, bevor ich bei letztem Tageslicht und ersten Tropfen zu Hause ankomme. Bewusst sehe ich mir noch vor dem Essen die Wetterprognose für die restliche Woche an. Schiff, warm und natürlich Sturm. Pissiness as usual im Januar 2018...
 
Höhenprofil
 
 
 
Tourdaten: Weite 99,0 km / Höhe 2120 m / Fahrzeit 5:51 h
GPS-Aufzeichnung der Tour: Chuderhüsi-Moosegg