Donnerstag, 19. April 2018

Blueschtfahrt im Sommer...

Meine verschleppte Erkältung scheint sich nun endlich zu verabschieden. Man könnte sagen, ich führe im entscheidenden 75. Satz mit Doppelbreak und schlage zum Matchgewinn auf. Jetzt muss ich nur noch die Pollen überstehen, dann sollte das Gröbste vorüber sein. Entgegen seiner fünf Vorgängermonate hat sich der April entschieden, schön und ausgesprochen warm zu werden. Da die 30-Grad-Marke heuer ausnahmsweise nicht schon im Februar geknackt wurde, ist die Vegetation eher etwas weniger weit als in anderen Jahren. Doch bei der aktuellen Wärme, um nicht zu sagen Hitze, dürfte es jetzt rasch zur Sache gehen. In höheren Lagen liegt vor allem schattseitig noch Schnee, also bietet sich eine "Blueschtfahrt" Richtung Norden an...

Bei uns haben die ersten Kirschbäume zu blühen begonnen. Im Baselbiet dürften sie aber wie immer etwas weiter sein. Es ist etwa 09.15 Uhr, als ich bei (noch) kühlen 11 Grad vom Hof rolle – zum ersten Mal in diesem Jahr in kurzer Montur. Sonnencrème und viel zu trinken sind Pflicht: Bis 28 Grad drohen, pardon winken heute. Und das Mitte April. Ich mache mich auf den Weg nach Balsthal. Die meisten Kirschbäume, an denen ich vorbeifahre, blühen noch nicht wirklich. Komme ich etwa doch zu früh zur Blueschtfahrt? Zu früh kommen ist in verschiedenen Lebenssituationen suboptimal. Von Balsthal mache ich mich auf den Weg nach Bärenwil, wo das "Chilchli" bereits 11.00 Uhr schlägt...

Die Tour ist noch jung, die Temperaturen moderat, die Getränkevorräte jedoch bereits deutlich dezimiert. Und die heutige Strecke bietet nicht allzu viele Einkaufsgelegenheiten. Der Dorfladen in Läufelfingen ist eine der wenigen, doch der wird in einer guten Stunde schliessen. Sollte eigentlich locker reichen. Aber wer budgetiert, weiss, dass man immer einen Posten für "Unvorhergesehenes" kalkulieren muss (z. B. für diverse Burglind-Übungen). Und plötzlich wird es dann doch knapp. Der Getränkeautomat vor dem Restaurant in Bärenwil ist leider noch nicht in Betrieb, daher lasse ich in der Beiz meine Vorräte auffüllen. Danach fahre ich über die Wuesthöchi und erreiche wenig später bereits den höchsten Punkt der heutigen Tour, die Belchenfluh (an den Wochenenden Blechenfluh)...
 

Pfad auf einer Wiese
Im Leen ob Niederbipp
Weg oberhalb Gwidem mit Blick auf Langenbruck
An der Belchenfluh
Blumiger Wiesenweg
Beim Schmutzberg
 
Via Schmutzberg geht es jetzt talwärts nach Läufelfingen. Die Fahrt bis hierher war zum Glück mehr oder weniger barrierefrei. Und siehe da: Meine geliebten Kirschbäume blühen hier schon wunderbar. Ich nehme einen kleinen Umweg über das Hombergflüeli, wo man nicht nur Aussicht hat, sondern auch einen schönen Trail runter zur Wannenegg. Dieser ist steinig und in der Mitte auch recht steil. Kurz, aber sehr spassig. Auch bei Häfelfingen blüht und gedeiht alles prächtig. Tatsächlich scheint die Vegetation hier weiter zu sein als bei uns, obwohl die Landschaft etwa 100 m höher liegt. Hinter dem Hof Horn führt der Weg als kurzer Singletrail steil hinab nach Rümlingen...
 

Blick durch die Kirschblüten auf Läufelfingen
Blick auf Läufelfingen
Hombergflüeli mit Blick auf Buckten und Känerkinden
Blick vom Hombergflüeli
Schattiger Wanderweg mit blühenden Kirschbäumen
Wannenegg
 
Rümlingen hat nicht nur die schönste Postleitzahl der Schweiz, sondern auch ein markantes Eisenbahnviadukt der Hauenstein-Scheitelstrecke – eine der ältesten Bahnlinien der Schweiz. Das "Läufelfingerli", wie die Bahn in der Region genannt wird, hat schon einige Stilllegungsversuche überstehen müssen. Die letzte solche wurde erst Ende November 2017 vom Stimmvolk deutlich abgeschmettert, und das ist gut so! Der Bahnlinie entlang geht es bis Sommerau, dann nehme ich einen kurzzeitig steilen Weg hinauf auf die "Höchi" bei Wittinsburg. Nachdem ich etwas später oberhalb von Diegten nochmals ein paar schöne Kirschbäume fotografiert habe, passiere ich den Dietisberg. Dann führt ein Singletrail um den Walten herum Richtung Laufmatt. Nach kurzer Steigung stehe ich auf der Challhöchi...
 

Kirschgarten bei Häfelfingen
Kirschbäume nahe Häfelfingen
Weg durch blühende Kirschbäume
Weg beim Hof Horn
Kirche Rümlingen hinter dem Eisenbahnviadukt
Eisenbahnviadukt bei Rümlingen
Wanderweg an der Bahnlinie bei Sommerau
Trail nach Sommerau
Feldweg nach Diegten
Oberhalb von Diegten
Pfad bei Witwald
Unterwegs am Walten

An der Sonne ist es mittlerweile richtig heiss – selbst in der Höhe. Der Schweiss tropft, die Getränkevorräte gehen zur Neige. Das Restaurant Chambersberg wäre heute ein wichtiger Verpflegungsposten gewesen, hätte es nicht Ruhetag. Schaffe ich es noch bis Oberbuchsiten oder mindestens zur Tiefmatt, ohne zu verdursten? Die Antwort ist klar nein, daher folgt ein ungeplanter Abstecher zum Restaurant Kallhof. Dort setzt sich ein älteres Ehepaar zu mir und beginnt mich auszufragen, woher ich komme und gehe. Bereitwillig gebe ich Auskunft und stosse dabei auf eine Mischreaktion aus "Jesses Gott" und "Hoppla". Nach der Pause folgen noch gute 100 Höhenmeter, dann fahre ich an besagtem, geschlossenen Restaurant Chambersberg vorbei talwärts...

Diesen Downhill kenne ich nicht. Er führt zuerst auf einem teilweise kaum zu erkennenden Wiesentrail hinab nach Fasiswald, dann folgt ein kurzer Teerabschnitt. Ich will noch nicht die ganze Höhe vernichten und fahre bei Gnöd auf teils sehr schönen Pfaden rauf zur Santelhöchi und weiter zur Schlosshöchi. Es folgt eine Wiesenabfahrt zur Tiefmatt. Irgendwer hat wieder an der Uhr gedreht: Es ist bereits nach 17.00 Uhr. Bei der Alp entscheide ich mich, den noch nie gefahrenen Downhill nach Oberbuchsiten zu nehmen. Das hat auch gleich den Vorteil, Oensingen zur Stosszeit umgehen zu können. Die Abfahrt führt zuerst unspektakulär über eine Wiese. Der zweite Teil verläuft weitgehend als Singletrail durch eine Schlucht und ist ein echter Wow-Moment...
 

Blühender Kirschbaum auf einer Wiese
Blühender Kirschbaum bei Diegten
Wanderweg in der Schlucht
Trail nach Oberbuchsiten
Thermometer zeigt 49° C
49° C sind viel für April
 
Im Dorf angekommen, frage ich mich, wieso ich diesen genialen Downhill so lange verschmäht habe. Mann, ist das heiss hier unten! Das Wetter hat Juli, meine Fitness noch April. Ich habe schon wieder Durst und kaufe nochmals ein. Danach folgen ein paar Kilometer über die Ebene Richtung Niederbipp. Es ist furztrocken. Die Traktoren auf den Feldwegen und Äckern wirbeln jede Menge Staub auf. Bitte nicht auch noch eine Staublunge, die Pollen reichen mir völlig. Ein paar schöne Wege führen nun bei Bannwil durch den Wald. Dieser spuckt mich an der Aare bei Berken wieder aus. Es warten die letzten Kilometer am Steinbachweiher vorbei nach Hause, wo das Thermometer in der Sonne 49 Grad anzeigt. Es war im doppelten Sinne eine heisse Tour. Eine Blueschtfahrt im Sommer...
 
 
Höhenprofil
 
 
 
Tourdaten: Weite 108,7 km / Höhe 2550 m / Fahrzeit 7:04 h
GPS-Aufzeichnung der Tour: Baselbieter Kirschentour
 

2 Kommentare:

  1. Schöne Bilder....Eine schöne Tour mit reichlich Kilometern ;-)

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    1. Ja, im Frühling ist das Baselbiet ein besonders dankbares Ziel :-)

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