Mittwoch, 11. Juli 2018

Verspätete Frühlingstour...

Die heutige Tour musste ich mir gut einprägen, sie führt wieder in weitgehend unbekanntes Gebiet. Ungefähr 08.45 Uhr, rund eine Stunde später als gewollt, kommt das neuste Bike zu seinem fünften Einsatz. Es wird zwar mit Abstand sein kürzester, aber dennoch kein Kurztrip. Bei angenehmen 15 Grad starte ich Richtung Süden. Im Westen und Norden ist der Himmel nahezu wolkenlos, in meiner Fahrtrichtung hingegen prägen dichte und zum Teil auch dunkle Quellwolken das Bild. Einen Moment denke ich sogar daran, spontan umzudisponieren, doch die Tour steckt zu tief in meinem Kopf drin und muss "abgearbeitet" werden. Zudem hat der Tag noch Potenzial, glaubt man den Wetterfröschen...
 
Nach anderthalb Kilometern Fahrt folgen die ersten 100 Höhenmeter zum Steinhof, dann geht es hinab und Richtung Wynigen. Dort bin ich einigermassen eingefahren und nehme eine der zahlreichen Aufstiegsmöglichkeiten zur Lueg auf 850 m. Meine Erfahrung ist: Spüre ich den Uphill zur Lueg, ist der Tag gebraucht; spüre ich ihn nicht, ist alles ok. Heute bin ich zuversichtlich. Affoltern wird durchfahren, dann geht es eine Zeitlang über die Anhöhe. Den mir unbekannten Singletrail über den Münneberg baue ich in die anschliessende Abfahrt ein. Ein paar Burglind-Grüsse, sprich Baumstämme, liegen noch auf diesem Pfad, sind aber gut zu passieren. Bei Ramsei ist die Höhe weitgehend vernichtet und die Emme erreicht...
 
Einem Fluss oder Bach zu folgen, ist immer gut. Es ist reizvoll, man kann sorglos fahren und dabei eigentlich nichts falsch machen. Ich darf nur die "Weiche" bei Emmenmatt nicht falsch stellen. Sonst geht es plötzlich der Ilfis entlang Richtung Langnau. Am westlichen Emmeufer kann jedoch selbst das kaum passieren, und so erreiche ich plangemäss Schüpbach. Der Dorfladen liegt direkt am Weg und ist ein wichtiger Verpflegungsposten. Danach fahre ich eine Weile dem Schüpbachkanal entlang, dann rauf zur Martinsegg, wo die Meereshöhe erstmals vierstellig wird. Hier werde ich von zahlreichen Bremsen angegriffen. Endlich. Wo sind die denn so lange geblieben? Diese ... Biester stechen sogar durch die Kleider hindurch...


Lueg-Denkmal bei Affoltern
Lueg-Denkmal
Sonnenblumenfeld vor dem Wald
Die Blume des Sommers
Blick zur Kapelle Würzbrunnen und Richtung Schrattenfluh
Trüber Blick zur Schrattenfluh bei Mühleseilen
 
Auch vor Intimbereichen schrecken die Blutsauger nicht zurück: Sie landen direkt an dem Ort, wo sich Mann und Frau am deutlichsten Unterscheiden und gaffen einen dann blöd an nach dem Motto: Hau mich doch! An allen anderen Körperteilen reichen erfahrungsgemäss etwa zehn Handschläge, bis die Viecher kaputt sind. Die Wolken sind immer noch dicht, auch wenn ab und zu mal die Sonne durchkommt. Die Fernsicht ist weder das Gelbe noch das Weisse vom Ei, vor allem nicht Richtung Süden. Dennoch steige ich spontan noch die wenigen Höhenmeter zum Chuderhüsi-Turm auf 1130 m hoch. Dort ist mir etwas viel Betrieb, deshalb fahre ich ohne Halt am Turm vorbei und runter zum Weiler Mühleseilen. Hier folgt die kurze Abfahrt nach Jassbach, einem Ortsteil von Linden. Hier war ich noch nie...
 
Um 12.15 Uhr fahre ich an der Bäckerei vorbei, die vor einer Viertelstunde geschlossen hat. Wer zu spät kommt, den bestraft der Bäckermeister. Das hat man davon, wenn man zu Hause ständig rumtrödelt, statt loszufahren. Rasch geht es wieder bergwärts. An der Ortschaft Heimenschwand vorbei, unter einem Skilift durch, und schon ist der höchste Punkt des Tages, die Schafegg auf 1197 m, erreicht. Zum Glück geht es nicht höher hinauf, sonst wäre ich womöglich noch im Nebel versoffen. Die Schrattenfluh jedenfalls steckt tief in den Wolken, die sich in dieser Richtung immer noch hartnäckig halten. Ansonsten gewinnt das Blau allmählich gegen das Grau am Himmel. Auf der Schafegg beginnt ein Singletrail, der mit einigen Ausblicken gespickt über die Anhöhe leicht abwärts führt...


Blick von der Schafegg Richtung Norden
Blick von der Schafegg
Schmaler Pfad im Wald
Trail bei der Schafegg
Pfad über die Wiese zur Falkenfluh
Zwischen Schafegg und Falkenfluh
 
Der Pfad ist technisch einfach zu fahren. Mal leicht bachbettartig, dann ein paar Wurzeln und zwischendurch auch mal Wiese. Mir gefällt er. Am Schluss des Trails ist die Falkenfluh oberhalb von Oberdiessbach erreicht, die wiederum ein schöner Aussichtspunkt ist. Richtung Bern ist die Sicht mittlerweile recht klar, der Blick nach Thun ist jedoch etwas getrübt. Zeit für eine kurze Pause. Ursprünglich war die Abfahrt nach Oberdiessbach geplant, um dort noch etwas einzukaufen. Kurzfristig habe ich umdisponiert, nehme stattdessen den Singletrail runter nach Niederbleiken, und umfahre Oberdiessbach. Dieser Trail ist erwartungsgemäss deutlich kniffliger und steiler mit einem Wurzelteppich zu Beginn und einigen Kehren mit Stufen am Schluss...
 
Das Steilstück mit dem Wurzelteppich kann und will ich nicht fahren, der Rest geht dann meist. Leider endet der Trail bereits auf 800 m Meereshöhe. Insiderwege kenne ich als Ortsunkundiger nicht und muss mich für den Rest der Abfahrt auf das stützen, was die Landeskarte hergibt. Nebst "normalen" Waldwegen ist das zum Schluss leider auch Teer. Im weltbekannten Dorf Herbligen angekommen, befinde ich mich erstmals seit Ramsei wieder unter 600 m. Aber nicht lange: Sofort geht es wieder hinauf. Zwischenzeitlich recht steil, dafür eher kurz ist der Uphill nach Häutligen, das auf einer kleinen Hochebene liegt. Dort oben wollte ich eigentlich in der Dorfbeiz einkehren. Doch unterwegs informiert ein Schild über deren Betriebsferien. Das hatte ich auf der Homepage glatt übersehen...


Blick Richtung Westen von der Falkenfluh
Blick von der Falkenfluh ob Oberdiessbach
Eher trüber Blick auf Thun und zum See
Blick Richtung Thun von der Falkenfluh
Steiler, schmaler Pfad im Wald
Weg von der Falkenfluh nach Niederbleiken
Auf dem Feldweg nach Häutligen
Häutligen kommt ins Bild
Aussichtspunkt Häutligen-Rüteli mit Bernerfahne
Aussichtspunkt oberhalb von Häutligen
Hornusserhütte Tägertschi-Häutligen
Hornusserhütte mit Selbstbedienung
 
Die Einkaufsmeile von Häutligen ist ziemlich überschaubar. Jetzt muss ich einen anderen "Verpflegungsposten" suchen. Dann kommt mir aber die Gastfreundschaft der Hornusser zu Hilfe: Bei der Vereinshütte, die nahe eines schönen Aussichtspunkts leicht oberhalb des Dorfes liegt, prangt gross ein Transparent mit der Aufschrift "Selbstbedienung". Zum Glück habe ich auch das nötige Kleingeld und kann mich hier selbst bedienen. Danach geht es teils bachbettartig runter. Die Sonne hat mittlerweile kaum noch Konkurrenz am Himmel. Mit gut 20 Grad ist es jedoch recht angenehm. Rechter Hand kommt Konolfingen ins Bild, das bis 1933 noch Stalden im Emmental geheissen hat, dann folgt bei Ursellen nochmals ein kurzer, recht steiler Aufstieg...
 
Hier werde ich von einer einzigen, mutigen Bremse angegriffen. Diese hat wenigstens eine bessere Auffassungsgabe als ihre Vorgängerinnen und begreift schon beim Dritten Handschlag, dass sie von uns bzw. mir gehen soll. Bei schätzungsweise 20 Prozent Steigung ist das Abwehren dieser Blutsauger gar nicht so einfach. Den Aussichtspunkt Ballenbühl spare ich mir wegen der schlechten Sicht Richtung Süden. Eventuell mache ich mal eine eigene Tour daraus. Stattdessen fahre ich, durchaus auch mit guter Aussicht, etwas unterhalb vorbei und hinab nach Herolfingen. Auf dem kurzen Downhill vernehme ich ein Geräusch am Vorderrad, das sich wie ein Speichenbruch anhört. Ein kurzer Augenschein widerlegt zum Glück die Befürchtung...


Blick auf Konolfingen am Aufstieg zum Hürnberg
Blick auf Konolfingen bei Obermoos
Kornfeld unter blauem Himmel
Kornfeld bei Hürnberg
Blick Richtung Bern beim Weiler Hürnberg
Hürnberg
 
Auf der weiteren Abfahrt ist kurz das Schloss Wil zu sehen. "Das Schloss Wil ist ein Schloss in Schlosswil", wie Wikipedia es so schön beschreibt. Etwas später passiere ich die zu Worb gehörende Ortschaft Enggistein. Beim kurzen Aufstieg zum Worbberg ziehe ich eine Mini-Formkrise ein. Zudem verliere ich einen Moment die Orientierung. Nur gute 100 Höhenmeter, schon ist der höchste Punkt des Hügels auf 828 m erreicht. Eine kurze Abfahrt, eine steile Auffahrt auf Beton und noch ein bisschen durch den Wald, dann stehe ich auf der Mänziwilegg auf rund 930 m. Hier war ich letztmals am 15. März 2008. Bei der Diepoldshusenegg kann man schön über die Anhöhe fahren, teils wieder mit Weitblick. Lange bleibt man dabei auf über 800 m, bevor es endgültig runter geht...


Worbberg auf 828 m
Worbberg
Mänziwilegg mit Blick Richtung Westen
Mänziwilegg
Emmentaler Landschaft bei der Wasenegg
Bei der Wasenegg
 
Ich folge dem Wanderweg nach Oberburg. Dort komme ich nach 17.00 Uhr an, pünktlich zum Feierabendverkehr. Es gelingt mir aber erstaunlich schnell, die Hauptstrasse zu überqueren. Danach geht es schön ruhig der Emme entlang. Burgdorf ist dann kein Problem. Am östlichen Ufer der Emme wird die Stadt umfahren, dann geht es durch Wald und über Feld nach Wynigen. Die restlichen Kilometer führen unter anderem nochmals über den Steinhof nach Hause. Die bereits im April vorgesehene Frühlingstour ist zur Sommertour geworden...
 

Höhenprofil



Tourdaten: Weite 124,4 km / Höhe 2630 m / Fahrzeit 7:58 h
GPS-Aufzeichnung der Tour: Schafegg / Falkenfluh
 

Montag, 9. Juli 2018

Probleme mit den Bremsen...

Heute drohen, pardon locken Temperaturen an die 30 Grad. Solche Werte sind einfach umwerfend, für mich unter Umständen sogar wortwörtlich. 09.00 Uhr ist eigentlich bereits zu spät für einen Tourenstart; für eine kleine oder höchstens mittellange Runde sollte es aber noch passen. Die 19 Grad sind jedenfalls noch ganz passabel, als ich mit dem Traktor aufs Feld fahre. Ich nehme die Steinbachweiher-Abfahrt – eine der wenigen Varianten, bei der man auf Naturwegen bis an die Aare runterfahren kann. Dann geht es über die Berkenbrücke und wenig später auf einem kurzen Singletrail wieder hinauf in den Wald...
 
Die Wege sind staubtrocken. Nach dem Wald folgt ein gesunder Trail einer Kiesgrube entlang. Gesund deshalb, weil man hier einige Brennnesseln berühren darf. Danach fahre ich knapp an Niederbipp und Oensingen vorbei durch die Klus nach Balsthal. Nachdem auch dieser Ort passiert ist, steige ich durch eine schön schattige Schlucht hinauf zum Weiler Höngen. Ziemlich, teilweise auch sehr steil verläuft der weitere Uphill zum Bremgarten, der ganz offensichtlich weder bei Bern noch an der Reuss liegt. Danach geht es nochmals ganz anständig steil eine Wiese und durch den Wald hinauf zum Lauperdörfer Stierenberg...

Auf dem Weg an die Aare
Laupersdörfer Stierenberg auf 1088 m
Finde den Weg zur Oberen Wengi
 
Selbst das Fattie droht hier ab und zu den Boden unter den Füssen bzw. Stollen zu verlieren. Mein Schweiss tropft und lockt Ungeziefer an. Ich bin ein dankbares Ziel für die Bremsen, die mich regelrecht fertig machen. Ganze Schwärme stürzen sich auf mich. Doch lautes Fluchen schreckt die elenden Biester nicht wirklich ab. Und "freiwilliges" Absteigen ist fahr- und motivationstechnisch suboptimal. Am Ende des Waldes folgt dann ein Weidetor, das mich zum Absteigen zwingt. Mit einer beherzten Schuhplattler-Einlage gelingt es mir nun, gegen die Stechbiester auf ungefähr 50 zu 120 Treffer zu verkürzen...
 
Mit viel Adrenalin dresche ich auf die unangenehmste Nebenerscheinung des Sommers ein, so dass am Ende die Handschläge fast mehr schmerzen als die Bremsenstiche. Schliesslich erreiche ich das Restaurant Laupersdörfer Stierenberg auf knapp 1100 m, wo es auch eine Selbstbedienung mit Getränken, Glacen und Snacks gibt. Zeit für eine kurze Pause, dann folgt der Downhill. Dieser führt zuerst durch den Hemmesgraben, wo der Pfad teilweise etwas überwachsen ist. Ich nehme den Abzweiger zur Oberen Wengi – ein Abschnitt, den ich nicht kenne...
 
Hier warten wieder einige Dornen darauf, lustvoll zuzustechen. Bremsen, Brennnesseln und Dornen sind die Dinge, mit denen ich in diesem Sommer deutlich mehr Bekanntschaft mache als auch schon. Auf den letzten Metern zum Restaurant Obere Wengi ist kaum noch ein Pfad zu erkennen; viel falsch machen kann man aber trotzdem nicht. Einfach geradeaus. Am Restaurant fahre ich vorbei und nehme den Singletrail zur Unteren Wengi. Dann folgt der teils ebenfalls unbekannte Downhill zum Eisenhammer bei Aedermannsdorf...

Sitzbank aus Skiern bei der Oberen Wengi
Matzendörfer Kirche aufs Korn genommen
Letzte Meter zur Schmiedenmatt
Blick durch die Stromkabel ins Mittelland
In der "Fuure" ob Farnern
Auf dem Weg nach Rumisberg
 
Es folgt der oft im Schatten verlaufende Nordaufstieg zur Schmiedenmatt, wo bei den Strommasten auf dem Grat mit 1130 m der höchste Punkt der Tour erreicht ist. Die Bremsen waren in diesem Uphill deutlich weniger zahlreich. Die Aussicht ins Mittelland ist etwas getrübt. Hier oben begegnen mir zwei Frauen, die kaum fassen können, dass man "mit diesem Velo da hinauffahren kann". Es geht aber problemlos. Nach kurzem Smalltalk wandern die beiden weiter, und ich mache mich in Gegenrichtung auf den kurzen Weg über den Grat. Auf trockenen Trails geht es dann hinab nach Wiedlisbach und bei Wangen über die Aare...
 
Mittlerweile herrschen Temperaturen, die definitiv mehr zum Baden als zum Biken einladen. Die Bremsen der Luft waren auf der Abfahrt endgültig kein Thema mehr, jedoch die am Fattie. Ein Check der Bremsflüssigkeit ist wohl angesagt. Auf möglichst wenig Teer und mit einigen Umschweifen folgen jetzt via Wangenried und am Inkwilersee vorbei die letzten Kilometer der Tour...

Höhenprofil

 

Tourdaten: Weite 69,3 km / Höhe 1750 m / Fahrzeit 4:56 h
GPS-Aufzeichnung der Tour: Obere Wengi / Schmiedenmatt