Freitag, 25. Mai 2018

Am grössten Moorsee der Schweiz...

Heute scheint uns einer der wenigen Tage zu erwarten, an denen es einfach mal bedingungslos trocken ist. Somit komme ich endlich dazu, die Tour zu erledigen, die seit dem 7. Mai aufgeschoben wird. Etwa um 07.45 Uhr kommt das neue Bike zu seinem zweiten Einsatz. Es rollt zuerst nach Wangen, dann in westlicher Richtung der Aare entlang und schliesslich leicht aufwärts nach Flumenthal. Dort ist sein Fahrer noch immer restlos begeistert, dass die Aare Seeland mobil mit einer Ausnahme alle Bahnübergänge geschlossen hat und er eine kleine Dorfrundfahrt machen darf. Etwas später lande ich zum ersten Mal in diesem Jahr an der alten Balmbergstrasse und nehme die sehr steile Naturstrasse in Angriff...
 
Die Einfach-Schaltung des neuen Bikes hat den Vorteil, schön schlank zu sein – allerdings auch den Nachteil, nur noch über zwölf Gänge zu verfügen. Somit sind die Sprünge zwischen den einzelnen Gängen grösser als vorher. Und so schalte ich an den steilsten Stellen immer zwischen dem kleinsten und dem zweitkleinsten Gang hin und her. Der eine ist mir zu leicht, der andere eher etwas zu schwer. Daran muss ich mich gewöhnen. Schlussendlich stehe ich nach einer bedächtigen Auffahrt auf dem Balmberg. Das nächste Etappenziel ist Gänsbrunnen. Statt via Weissenstein nehme ich heute den sehr schönen Trail durch den Schofgraben, den ich lange verschmäht habe...

Die Schofgraben-Linie ist eigentlich natürlicher, da man bis Gänsbrunnen nur drei Meter Teer fahren muss: nämlich beim Kreuzen der Weissenstein-Passstrasse. In der Schlucht ist es stellenweise sehr eng – Vorsicht wie Rücksicht sind hier umso mehr angebracht. Nachdem die Schlucht hinter mir liegt, geht es nochmals ein paar Höhenmeter bergwärts, dann wartet der Downhill nach Gänsbrunnen. Der Kanton wechselt von Solothurn zu Bern, die Sprache von Deutsch zu Französisch. Einige Kilometer später kann ich eingangs Moutier bei einem Tankstellenshop meine Getränkevorräte auffüllen. Danach folgt ein ganz kurzer Abschnitt auf der Hauptstrasse. Dort, wo diese nach Delémont abzweigt, biege ich auf einen ansteigenden Singletrail ein. Schlagartig wird es grün und ruhig...

Pfad durch die enge Schlucht
Schofgraben
Quellbrunnen im Schofgraben
Quellbrunnen
Schmaler Pfad dem Bach entlang
Dem Schofbach folgend...
 
Auf dem Trail lässt sich der Ortskern Moutiers prima umgehen. Am Ende ist noch ein Aussenquartier zu durchfahren, dann ist die Stadt der Schafböcke und Wildschweine (Béliers und Sangliers) für heute Geschichte. Perrefitte ist im Anschluss für längere Zeit das letzte Dorf, das ich heute sehe. Hinter dem Ort wartet ein kurzer, aber recht nahrhafter Aufstieg. Meine Hoffnung, dieser könnte zu der Jahreszeit noch barrierefrei sein (sprich die Gatter offen), zerschlägt sich rasch. Alles zu. Schätzungsweise sieben oder acht Gatter und Zäune sind zu öffnen, da kann kein wirklicher Fahrrhythmus aufkommen. Und von den etwas zahlreicher gewordenen Quellwolken hat leider keine den Mut, sich wenigstens kurz vor die Sonne zu setzen, die hier am waldlosen Hang ziemlich einheizt...
 
Trotz der vielen Barrieren ziehe ich diesen Aufstieg der Strasse zehnmal vor. Nach gut anderthalb Kilometern sind rund 300 Höhenmeter erledigt, und es geht mit moderater Steigung dem Hang entlang Richtung Les Ecorcheresses. Die Gegend wird allmählich etwas bikefreundlicher, indem immer mehr Übergänge den Weg säumen. So lassen sich Zäune und Gatter fahrend passieren. Allerdings passt der deutlich breitere Lenker des neuen Bikes nicht überall durch. Nach einem Wettrennen mit Kühen, die innerhalb eines Geheges mitrennen, erreiche ich oberhalb von Sornetan eine schmale Teerstrasse, die nochmals etwas ansteigt. Eine kurze Abfahrt, dann weitere 250 Höhenmeter hinauf, und es folgt oberhalb von Tramelan auf 1184 m der vorläufige Höchstpunkt der Tour...

Steiler Pfad hinab nach Gänsbrunnen
Kurz vor Gänsbrunnen
Pferde auf der Weide bei Montbautier
Bei Montbautier
Wiesenpfad durch den lichten Wald
Wiesentrail oberhalb von Tramelan
 
Einige Kilometer Single- bzw. Wiesentrail führen in leicht erhöhter Lage an Tramelan vorbei nach Les Reussilles. Jetzt kommt allmählich Freibergefeeling auf: Weite Wiesen, die typischen Häuser und natürlich die Pferde, die hier auch im Wald frei herumlaufen und keineswegs scheu sind. Die weiten Landschaften, die man hier noch findet, verkommen in unserem Land des massvollen und nachhaltigen Wachstums immer mehr zur Rarität. Nachhaltiges Wachstum – eine Illusion, an die bekanntlich nur zwei Gruppen glauben: Idioten und Ökonomen. Aber lassen wir das. Mittlerweile sind ein paar dickere Quellwolken aufgezogen. Obwohl die Freiberge eine Gewitterküche par excellence sind, bin ich zuversichtlich, heute nicht in den Genuss einer vorzeitigen Dusche mit Discoeinlage zu kommen...

Einzelhöfe in den Freibergen
Bei La Chaux-de-Tramelan
Bahnübergang mit Zug auf einer Weide
Mit Zug durch die Freiberge...
Pferde auf einem Waldweg
Freiberger der Freiberge
 
Die Luft ist einfach zu klar, sprich zu trocken. Schliesslich erreiche ich nach gut 75 Kilometern mein heutiges Ziel, den Etang de la Gruère, der nicht etwa mit dem Lac de la Gruyère zu verwechseln ist. Wenn es in den Franches-Montagnes so etwas wie einen Hotspot gibt, dann ist der genau hier. In der Tat ist auf dem Parkplatz bei der Sägerei so ziemlich jedes Kantonskennzeichen vertreten. Nicht auszudenken, wie das hier an schönen Wochenenden zugeht. Der Etang de la Gruère, seines Zeichens grösster Moorsee der Schweiz, ist in der Tat ein sehr schöner, fast etwas mystischer See. Irgendwie könnte man fast meinen, man befände sich in Kanada. Der eigentliche Weiher (Etang = Weiher, Tümpel) wurde einst für die nahe gelegene Sägerei gestaut...

Etang de la Gruère
Etang de la Gruère
Etang de la Gruère
Dem Ufer entlang Richtung La Theurre
Etang de la Gruère
Südlichster Punkt des Etang de la Gruère
 
Umrundet wird er nicht nur von einem hölzernen Weg, sondern auch von der 1000er-Höhenlinie. Ich folge dem See einige Hundert Meter dem Südufer entlang, mache ein paar Fotos, und entferne mich dann. Auf einem moorigen und entsprechend nassen Weg geht es zum Hof Le Gros Bois Derrière, dann auf weiteren Wiesenpfaden zurück nach Les Reussilles. Meine Getränkevorräte werde ich heute für einmal in Tavannes auffüllen und somit das wenig charmante Tramelan umfahren. Ganz kampflos lässt sich das Dorf aufgrund seiner Lage aber nicht umgehen; im Osten streife ich es noch und muss ein paar Meter auf Teer hinabfahren. Einheimische kennen vielleicht Schleichwege. Schliesslich geht es runter Richtung Tavannes, wo die erwähnte Trinkpause angesagt ist...

Pâturage du Gros Bois Derrière
Pâturage du Gros Bois Derrière
Singletrail nach Tavannes
Auf dem Weg nach Tavannes
Weg nach Tavannes bei La Chavanne
Tavannes kommt in Sichtweite
 
Das unscheinbare Bächlein, das durch Tavannes (deutsch: Dachsfelden) fliesst, trägt einen bekannten Namen: Birs. Diese entspringt am südlichen Ende des Dorfes. Nach der kurzen Pause wartet der gut 500 Höhenmeter starke Aufstieg zum Montoz-Plateau. Auf teils sehr einsamen Wegen geht es an einem alten Skilift vorbei zum höchsten Punkt meiner Tour auf knapp 1300 m. Die Fahrt über die Hochebene ist immer wieder schön, auch wenn (oder gerade weil) technisch völlig anspruchslos. Beim Oberen Bürenberg folgt dann ein schöner und wichtiger Verbindungsweg abwärts zum Bürenchopf. Auf diesem Singletrail überquert man nebenbei die Kantons- und somit auch die Sprachgrenze. Nach einer Gegensteigung von knapp 100 Höhenmetern stehe ich beim Wäsmeli auf 1104 m...

Alter Skilift beim Fuelliloch
Alter Skilift oberhalb von Tavannes
Montoz-Plateau bei La Rochette
Unterwegs auf der Montoz-Hochebene
Lommiswil, im Hintergrund Solothurn
Blick Richtung Solothurn nahe Lommiswil
 
Der Rest des Abstiegs beginnt auf Teer, wechselt dann zu Singletrail und schliesslich zu Feldweg. Dann ist Lommiswil erreicht. Via Oberdorf, Rüttenen und Riedholz geht es um Solothurn herum runter an die Aare. Bei bereits ziemlich tief stehender Sonne nehme ich den Rest der Aare und später dem Inkwilersee entlang nach Hause. Der "Bad Leg Day" vom 21. Mai war heute kein Thema mehr, zumal meine Vorbereitung auch seriöser war. Etwas länger als geschätzt wurde die Tour, die bedrohlich an die 150 Kilometer heranreichte...

Höhenprofil



Tourdaten: Weite 146,9 km / Höhe 3120 m / Fahrzeit 9:54 h
GPS-Aufzeichnung der Tour: Etang de la Gruère
 

Montag, 21. Mai 2018

Tour mit Tiefgang...

Das wechselhafte Wetter der letzten Tage war nicht wirklich inspirierend. Und doch stehe ich in diesem Mai bereits kurz vor dem 500. Bike-Kilometer. Am heutigen Pfingstmontag bin ich auch nicht richtig motiviert, aber der Appetit kommt ja bekanntlich beim Essen. Zudem soll das Wetter von morgen an ziemlich garstig werden. Und so starte ich ohne wirklichen Plan, lande irgendwann in Oberbipp und nehme den Aufstieg nach Wolfisberg. Die Temperaturen sind angenehm, die Luft sowie der Untergrund nicht allzu feucht. Also perfekte Bedingungen. Eigentlich...

Aber die Beine fühlen sich schon auf den ersten Metern miserabel an – als würde Essig durch die Adern fliessen. Aus der Werbung kenne ich zwar nur den Begriff "Bad Hair Day", doch meinen heutigen "Bad Leg Day" könnte die Werbeindustrie nutzen, um für Energieriegel zu werben, die in solchen Fällen etwa gleich viel bringen wie der "Bad Hair Day" dem Glatzenträger. Nach den Pollen der Essig. Toll. Mit schweren Beinen walze ich zur Schmiedenmatt hinauf und hille nordseitig down. Im Wald bei der Sollmatt kommen mir ein paar freundliche Reiter (auch die gibt es!) entgegen, kurz danach erreiche ich Welschenrohr...

Meine Beine tun so, als hätten sie sich ein wenig gelockert, aber vom Feeling her habe ich noch immer kein gutes Gefühl, wie deutsche Fussballer in etwa sagen. Ich verlasse das Dorf, fahre kurz dem Schattenhang entlang Richtung Gänsbrunnen, passiere dann die Hauptstrasse und wage den Aufstieg zur zweiten Jurakette. Hier ist an Sonn- und Feiertagen zumeist nicht allzu viel los. Ich fahre am Malsenhof vorbei hinauf zum Malsenberg auf gut 1100 m. An diesem Aufstieg wird sich entscheiden, ob meine Fitness heute wirklich einen auf C-Tag macht. Und ja, das macht sie. Ich knorze mich hoch, das muss selbst beim Zuschauen wehtun...

Zeugen habe ich jedoch eh kaum. Ausser zwei Wanderern und einem Herrn auf einem Sportsimulator (E-Mountainbike) begegne ich keiner Menschenseele. Die Beiz auf dem Malsenberg hat geschlossene Gesellschaft. Ich fahre über die Anhöhe zum Probstenberg und hinauf zur Brandbergegg, die mit 1184 m (knapp) den Höhepunkt meiner Tour markiert. Untergrund: meist Wiese, ab und zu ein flüchtiger Weg. Nach kurzer Abfahrt nähere ich mich der Mieschegg. Hier sind schon deutlich mehr Wanderer unterwegs. Wenige Meter geht es hinauf zur Tannmattegg, wo ich kurz innehalte und mir die Aussicht anschaue...

Welschenrohr
Welschenrohr
Flüchtiger Wiesenpfad zur Brandbergegg
Weg zur Brandbergegg
Aussichtsreicher Weg über die Tannmatt
Ausblick bei der Tannmatt

Die Vegetation hat hier oben noch April. Die Pollen sind jedoch für mich mittlerweile kein Thema mehr. Das mit den Pollen ist jetzt Essig. Oder anders gesagt: Heute liegt das Problem tiefer – nämlich in den Beinen statt im Hals. Würde man die Power meiner unteren Extremitäten in Excel eingeben, käme wohl die Fehlermeldung #NV heraus. Aber mögen die Beine heute noch so rebellieren: Es ist und bleibt ein cooles Gefühl, sich die Höhe anzusehen, die man aus eigener Muskelkraft erklommen hat. Wer nur dank elektrischer Hilfsmittel zum Höhepunkt gelangt, dem bleibt dieses sportliche Erfolgserlebnis verwehrt...

Nach der Pause geht es wenige Meter runter zur Oberen Tannmatt. Hier will ich einen mir noch unbekannten Singletrail erkunden, der via Untere Tannmatt Richtung Wäscheten hinabführt. Im Westen ziehen allmählich ein paar dicke Quellwolken auf, die Sonne verschwindet zeitweise dahinter. Also los von Rom. Der Trail ist ganz schön; im oberen Bereich leider eher etwas breit, unten dafür umso schmaler. Am Ende des Trails sind zwei Zäune zu öffnen (und zu schliessen), danach finde ich mich oberhalb des Hofes Wäscheten auf der schmalen Passstrasse wieder, die ich überquere...
 
Löwenzahn auf knapp 1200 m
Löwenzahn mit Weitsicht
Schmaler Pfad durch den grünen Wald
Trail Richtung Wäscheten
Holzwagen auf einer Waldlichtung
Wohn(wag)en im Grünen

Kurz darauf passiere ich einen irgendwie etwas mystischen Ort – eine Waldlichtung mit Weihern und einem Holzwagen, in dem anscheinend jemand haust. Drinnen liegt unter anderem eine Gitarre. Vielleicht musikalische Holzfäller? Alternatives Wohnen oder Wohnen im Grünen? Schliesslich nehme ich die restliche Abfahrt nach Matzendorf. Via Balsthal geht es zurück nach Hause. Die vorgesehene Umfahrung Niederbipps scheitert daran, dass dort heute ein Pfingstlauf stattfindet. Plötzlich findet sich der verwirrte Biker zwischen Startnummern tragenden Läufern und im Lautsprechergedröhn wieder. Und gewinnt den Lauf souverän...

Ich muss die Streckenführung leicht anpassen, was aber mein Programm nicht gross durcheinanderbringt. Den einen oder anderen schönen Trail baue ich noch in den Rest der Tour ein, bevor diese nach rund 80 Kilometern zu Ende geht. Irgendwie kam ich heute fast ein wenig ins Philosophieren. Die Tour hatte also durchaus Tiefgang, nicht nur die Fitness...

Weisses Pferd begutachtet das Mountainbike
Pferdeweide nahe Niederbipp
Pfad durch den lichten Wald
Waldpfad bei Heimenhausen
Grünes Kornfeld unter blauem Himmel
Grünes Kornfeld bei Inkwil
 
Höhenprofil



Tourdaten: Weite 80,2 km / Höhe 1740 m / Fahrzeit 5:11 h
GPS-Aufzeichnung der Tour: Schmiedenmatt / Brandbergegg
 

Montag, 7. Mai 2018

Auf Jungerntour...

Eigentlich stand heute eine Tour Richtung Westen im Fokus. Aber nach dem gestrigen Wetterbericht, der Gewitter in den Alpen und im Westen vorhergesagt hatte, disponierte ich kurzfristig auf Norden um. Dort sei nämlich gemäss besagter Prognose "nicht nur sehr sonniges, sondern auch stabiles Wetter" zu erwarten. Ende April habe ich mir ein neues Bike geleistet, mit dem ich mich nicht schon auf der Jungfernfahrt verschiffen lassen möchte. Kurzfristiges Umdisponieren grösserer Touren ist allerdings ein wenig so, als hätte man sich intensiv für eine Theaterrolle vorbereitet, um dann kurz vor der Aufführung noch umbesetzt zu werden. Zum Glück habe ich die heutige Tour bereits im letzten Herbst studiert, dann aber verworfen bzw. verschoben. Insofern ist nicht ganz alles überstürzt...
 
Kurz nach 08.00 Uhr endet die Schonfrist des neuen Bikes. Ein sanftes Einfahren wird es heute kaum geben; es steht die erste Spaghetti-Tour des Jahres auf dem Programm. Das neue Gefährt hat eine Einfach-Schaltung – soll heissen, nur noch ein Kettenblatt vorne. Dadurch entfallen der Umwerfer und somit auch der entsprechende Schalthebel. Und so will es die Macht der Gewohnheit, dass der linke Daumen zu Beginn immer wieder ins Leere greift. Mein Dreh- und Angelpunkt für "Nordtouren" ist Balsthal. Das ist auch heute so. Wenn ich mit einem neuen Bike unterwegs bin, achte ich noch stärker auf mögliche Gefahrenquellen. So endet auch die Situation mit einem Smartphone-Zombie (auch Smombie) glimpflich, der ausgangs Balsthal unverhofft vors Bike latscht...
 
Für diese ärmliche Spezies sehe ich übrigens eine Marktlücke: Wie wäre es mit einer "Kopf-hoch-du-Depp-App"? Mein Weg führt steigend an Holderbank vorbei nach Langenbruck und via Dürstel zum Chilchzimmersattel. Damit die Tour mit 1055 m noch einen würdigen Höchstpunkt erhält, nehme ich den kurzen Umweg zur Belchenfluh. Das Wetter ist super: Der Himmel ist wolkenlos, die Fernsicht recht gut. Es folgen die Abfahrt Richtung Birch und ein leichtes Auf und Ab über die Anhöhe zum Zunzgerberg. Hier steht ein etwas fader Dowhnhill auf einem Kiesweg nach Itingen an. Alles Wanderweg zwar, aber Insider kennen hier womöglich aufregendere Routen. Itingen ist ein unausweichlicher Einkaufsposten auf der heutigen Tour. Denn am Montag haben viele Bergbeizen Sonntag...


Blühender Raps unter blauem Himmel
Rapsfeld bei Niederbipp
Wiesenpfad führt in den Wald
Unterwegs nach Holderbank
Blick auf Langenbruck und den Beretenkopf
Ausblick beim Hof Gwidem
 
Nachdem die Vorräte aufgefüllt sind, geht es rasch wieder bergwärts Richtung Hersberg, einem Dorf, das sehr idyllisch (ab)gelegen ist. Die Datenqualität des teuren GPS-Geräts verdient einmal mehr glatt Note 5, allerdings in Deutschland. Eine ganze Viertelstunde und satte 4 Kilometer hat es mir bereits unterschlagen, da es ständig auf Autopause schaltet, obwohl es Geschwindigkeit registriert. Da wäre mein Grosi mit Schätzen genauer. Als ich bei Hersberg in den Wald einbiege, sehe ich sofort Sternchen. Es sind drei an der Zahl, die das Wappen im Wanderwegsymbol zieren. Hilfe, ich bin wieder mal im Aargau. Nach einer Abfahrt erreiche ich Magden. Das ist der Tiefpunkt meiner Tour, was in erster Linie topografisch zu verstehen ist. Das Dorf streife ich nur; rasch geht es wieder aufwärts...
 
Auf dem Fricktaler Höhenweg geht es abwechselnd auf Aargauer und Baselbieter Boden zum Sunnenberg mit seinem kleinen Aussichtsturm. In südlicher Richtung schiessen bereits markante Kumuluswolken in den Himmel. Ansonsten ist beim Wetter alles im blauen, bei meiner Fitness alles im grünen Bereich. Es folgt ein kurzer Downhill, dann geht es oberhalb von Maisprach vorbei Richtung Eigenried, einem kleinen Hochplateau bei Buus. Beim Hof Obereigenried weht eine USA-Fahne. Da hat sich offenbar jemand in der Landesflagge Trumpiert. So etwas wie eine geistige Umnachtung habe ich wenig später, als ich ungeplant zum Wischberg hinauffahre. "Belohnt" wird der Irrweg mit einem kurzen Singletrail, der wieder zur richtigen Route zurückführt...


Feldweg Richtung Lenzhof
Ausblick bei der Strickmatt
Magden, im Hintergrund Basel
Blick vom Sonnenbergturm
Hof mit USA-Fahne und altem Holzwagen
USA-Fahne beim Hof Obereigenried
 
Ein paar Höhenmeter sind zu erklimmen zur Roten Fluh oberhalb von Rothenfluh. Ein spassiger Trail führt erst der Fluh entlang, dann runter ins Dorf, wo ich noch nie war. "Rothenfluh" kannte ich bisher nur als Familiennamen. Es ist bereits 15.00 Uhr geworden. Der Dorfladen wird allerdings erst in einer Stunde öffnen, und die anscheinend einzige Dorfbeiz hat am Montag geschlossen. Wie bereits das Restaurant Asphof, an dem ich vor rund einer halben Stunde vorbeigefahren bin. Schade. Ich spüre ein zunehmendes Kratzen im Hals. Doch nicht schon wieder diese verdammten Pollen? Kann es sein, dass die Belastung heuer etwa zehntausendmal höher ist als in den letzten Jahren? Jedenfalls hatte ich dieses Gekratze und Gehuste noch nie so intensiv und vor allem so oft...
 
Es läuft immer gleich: Nach mehreren Stunden sportlicher Betätigung beginnt es im Hals zu kratzen. Es folgt ein Hustenreiz beim tiefen Einatmen, dann zerlegt es meine Fitness. Aber wisst ihr was, ihr Sch…pollen? Heute könnt ihr mich mal. Ich ignoriere euch einfach. Wie beim Auto: Wenn dir der Treibstoff ausgeht, fahre einfach ganz normal weiter. Merkt schon keiner. Nach einem kurzem Uphill, der mir zeitweise recht steil vorkommt, folgt ein flowiger Singletrail einer weiteren Fluh entlang. Dieser Pfad hat mich beim Kartenstudium immer wieder angelacht. Mir gefallen solche Fluh-Trails. Schliesslich geht es zwischen Wenslingen und Oltingen über die Anhöhe. Und apropos Treibstoff: Meine Getränkevorräte drohen früher als erwartet zur Neige zu gehen...


Rothenfluh von der Roti Flue
Rothenfluh
Singletrail auf der Fluh
Trail auf den Roten Fluh
Roti Flue, Blick nach Ormalingen und Gelterkinden
Blick Richtung Ormalingen
 
Eines werden die nächsten zwei Bergbeizen auf meiner Route mit den letzten beiden gemeinsam haben, nämlich Montag geschlossen. Daher disponiere ich leicht um und fahre via Oltingen zur Schafmatt. Denn in Oltingen ist der Dorfladen offen, so dass ich neuen Treibstoff einkaufen kann. Der Hustenreiz beginnt sich zu verstärken. Zum Glück haben die Beine ordentlich Kraft und holen so noch ein bisschen heraus. So ist das Leiden etwas weniger ausgeprägt als bei niedrigerem Formstand. Dennoch fällt mein Tempo sukzessive. Düstere Aussichten: Die Bewölkung im Süden wird immer bedrohlicher. Und ich fahre direkt in Richtung der schwarzen Wand, die mir schon verdammt nahe vorkommt. Gewitter in den Alpen, hiess es. Sind die Alpen wirklich so nah? Ich habe erhebliche Zweifel...
 
Nach der Schafmatt geht es einsam über die Höhe zur Birmatt. Ich fahre an der Froburg-Beiz (Montag geschlossen) vorbei und nehme den Downhill nach Trimbach. Es folgt der kurze Aufstieg zum Rumpel, wo das gleichnamige Restaurant ebenfalls Wirtemontag hat. Nach rassiger Abfahrt passiere ich Wangen bei Olten. Die Tour ist kilometermässig längst dreistellig. So allmählich können auch die starken Beine der Pollenallergie nicht mehr trotzen. Die verbleibenden Kilometer werden immer mehr zu Killometern. Aber selbstverständlich ziehe ich das grosse Ding jetzt voll durch. Die Pollen werden mich auch heute nicht stoppen, aber vielleicht ein Blitzschlag. Bei Wolfwil ist nämlich die schwarze Wand erreicht, obwohl Wolfwil meines Wissens nicht in den Alpen liegt...


Das im Grünen gelegene Dorf Oltingen
Oltingen
Rapsfeld mit Wald im Hintergrund
Blau-Grün-Gelb
Einsamer Weg schlängelt sich über eine Wiese
Einsamer Weg bei Bergmatten
Pfad auf der grünen Weide
Birmatt, Blick Richtung Norden
Blaues Mountainbike vor grünem Kornfeld
Das neue Mountainbike
Weg führt in Richtung eines Gewitters
Und plötzlich: Fahrt ins Gewitter (bei Kappel SO)

Gewitter und Föhn – die grossen Stärken der Wettervorhersage. Hustend versuche ich, auf die Tube zu drücken, doch bei Bannwil ist es soweit: Ich komme in den Genuss einer herrlichen Erfrischung mit Lightshow und coolem Soundeffekt. Genau die paar Minuten Irrfahrt zum Wischberg fehlen jetzt, um die Tour gerade noch ins Trockene zu bringen. Aber was solls. Ist ja nur Wasser. Und ein bisschen Strom. Und ein paar Hagelkörner. Und das Bike wäre sowieso irgendwann dreckig geworden. Wenigstens wird der Regen den Pollen was husten. Um den Wortwitz noch zu bringen: Am Ende bin ich schon etwas angepisst wegen der falschen Wetterprognose. Die Jungferntour mit dem neuen Bike ist dennoch gelungen. Und die Pollenseuche dürfte auch in diesem Jahr bis Ende September vorbei sein...
 
 
Höhenprofil
 
 
 
Tourdaten: Weite 149,5 km / Höhe 3240 m / Fahrzeit 9:32 h
GPS-Aufzeichnung der Tour: Zunzgerberg / Sunnenberg / Schafmatt