Mittwoch, 10. Mai 2017

Runde Sache...

Unfassbar blau ist der Himmel heute, an diesem zweiten trockenen Tag des Mai 2017. Ich kann nicht behaupten, letzte Nacht kein Auge zugemacht zu haben. Im Gegenteil: Ich hatte sogar beide zu – konnte aber trotzdem nicht schlafen. Den heutigen Tag will ich jedoch unbedingt ausnutzen. Es wird aber wieder fast 10.00 Uhr, bis ich mich auf den Weg mache. Ausnahmsweise sogar mit einem Plan im Kopf: Eine klassische Dreizack-Tour soll es geben. Zuerst geht es nach Wangen, dann der Aare entlang Richtung Balm. Es folgt die alte Balmbergstrasse, die ich sehr gemächlich hochsteige, danach die Zugabe zum Weissenstein...
 
Dort oben fühle ich mich noch taufrisch, so, als hätte ich heute noch nichts gemacht. Und das trotz schlafloser Nacht. Gut so! Der Downhill nach Gänsbrunnen ist weder fahr- noch erlebnistechnisch speziell: Ein bachbettartiger, steiler Karrweg vernichtet die Höhenmeter rasch. Allemal besser und bikefreundlicher als die Teerstrasse. Der Weg haut einen nicht aus den Socken, aber aus dem Sattel, wenn man nicht aufpasst. Letztes Mal war ich hier kurz unachtsam, was eine Abstuhlung zur Folge hatte. Und deshalb fahre ich dieses Mal fast übervorsichtig da runter. Mein Bike ist mehr Bremszeug als Fahrzeug...
 
Bei Gänsbrunnen passiere ich die Bonjour-Grenze nach Crémines und weiter Richtung Moutier. Den Kern des (noch?) grössten Orts des Berner Juras umfahre ich auf einem sehr grünen Singletrail. Dann geht es im Westen des Dorfes durch eine recht ruhige Quartierstrasse, und Moutier ist für heute Geschichte. Schliesslich durchfahre ich das beschauliche Perrefitte. Dieses wirkt etwas verschlafen – wie ich. Jetzt geht es rund 200 Höhenmeter recht steil bergauf. Der Weg wird immer steiler und flüchtiger. Zuerst noch ein breiter Forstweg, am Schluss nur noch ein Wiesentrail...
 
Meine leise Hoffnung, die vielen Zäune und Gatter könnten eventuell noch offen sein, zerschlägt sich: Die Kühe weiden hier bereits, alles ist zu. Die Sonne scheint so richtig in den Hang, ich komme ganz schön ins Schwitzen. Jedes Mal, wenn ich mich an einem Kuhfladen vorbeikämpfe, scheuche ich ganze Fliegenschwärme auf. Wenn so eine Sch(m)eissfliege die Auswahl hat zwischen frischem Kuhfladen und würzigem Schweissgeruch, steht sie offenbar vor einem Luxusproblem. Jedenfalls entscheiden sich einige der Tierchen, lieber mir ein bisschen um die Ohren zu schwirren. Toll. Vor allem wenn man weiss, woher sie gerade kommen...
 
Nach dem steilen Aufstieg folgen noch ein paar Wege unterschiedlicher Beschaffung, und nach einem kurzen Irrweg ist das Ziel erreicht: Der 1037 m hohe Aussichtspunkt des Mont Girod. Von hier hat man einen schönen Blick Richtung Nordosten. Als ich auf Moutier hinabschaue, erinnere ich mich an die vielen BE-Schilder, die ich dort an den Fahrzeugen gesehen habe. Was dort wohl in absehbarer Zeit draufstehen wird? Immer noch BE? Oder JU? Oder als Kompromiss vielleicht VD? Beim vor mich hin Sinnieren zeigt der mangelnde Schlaf der letzten Zeit allmählich Wirkung: Ich nicke ein...

Grüne Umfahrung von Moutier
Singletrail nahe Moutier
Blick von Moutier bis Corcelles mit Mont Raimeux
Blick vom Mont Girod auf Moutier
Lac Vert oberhalb von Court
Lac Vert oberhalb von Court
 
Als ich wieder erwache, ist es etwa eine Dreiviertelstunde später. Gegen Westen hin sind Wolkenfelder zu erkennen, die vorher noch nicht da waren. Zum Glück war das einmal mehr nicht der Schlaf des Gerechten, sonst wäre ich wohl erst bei Dunkelheit wieder aufgewacht. Erfrischt hat mich die ungeplante Pause allerdings ganz und gar nicht: Jetzt fühle ich mich so richtig müde. Ich bike hinunter zum Lac Vert, einem kleinen, idyllischen See, dessen Name Programm ist, dann folgt die Abfahrt nach Court. Nun steht noch der Grenchenberg im Weg. Diesen erklimme ich ausnahmsweise fast ausschliesslich auf der Strasse.
 
Das auf dem Mont Girod war definitiv kein Powernapping. Eher ein Powernepping. Mit der guten Fitness ist es jedenfalls vorbei, der Grenchenberg zerlegt mich fast. Das Fleisch ist schwach, der Geist aber noch immer willig. Auf 1360 m erreiche ich den höchsten Punkt der Tour. Die Wolken im Westen haben sich mittlerweile verdichtet, während im Osten nach wie vor viel Blau zu sehen ist. Insofern fahre ich jetzt in die richtige Richtung. Mit viel Aussicht bike ich via Bützen runter zum Bettlachberg, dann hinab nach Lommiswil und um Solothurn herum nach Hause. Exakt 100 Kilometer sind es am Ende, eine runde Sache...

Court mit Montoz-Plateau im Hintergrund
Court BE
Trail am Grenchenberg
Singletrail am höchsten Punkt der Tour
Ein Bild mit Symbolcharakter heute...
Blick Richtung Solothurn
 
Höhenprofil

 

Tourdaten: Weite 100,0 km / Höhe 2720 m / Fahrzeit 6:49 h
GPS-Aufzeichnung der Tour: Weissenstein-Mont Girod-Grenchenberg
 

2 Kommentare:

  1. Dieser Lac vert hat mein Interesse geweckt....Jetzt habe ich gesehen, dass ich letztes Jahr bei der Tour auf den Moron dort vorbeikam....Auf der Tour herrschte bis am Schluss dauerhaft mieses Wetter, so schlecht dass ich davon keinen Post gemacht hatte...;-)

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  2. Der See ist eigentlich gar nicht so leicht zu finden. War beim ersten Mal ziemlich überrascht, als da plötzlich wie aus dem Nichts ein See auftauchte...

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