Die heutige Tour war schon länger für den September vorgesehen. An einem Ferientag unter der Woche muss sie stattfinden. Es darf nicht schiffen. Und die Wege sollen trocken sein. Das sind ja gleich drei Wünsche auf einmal – das geht nun wirklich nicht. Zumindest nicht im September des Jahres 2017. Bis zum 21., dem mit Abstand schönsten Tag dieses bisherigen Monats, musste ich nun warten, bis immerhin die ersten beiden Wünsche erfüllt werden. Irgendwann nach 09.00 Uhr starte ich in Ukuola-Bekleidung (unten kurz, oben lang) nach Norden...
Es hat Nebel, leichte Bise und 5 Grad. Die Bewegung sorgt dafür, dass ich nicht allzu lange an die Beine friere. Der Nebel weiss heute nicht, was er will: Zuerst hat er sich gebildet, dann aufgelöst, jetzt wieder gebildet. Der trübe Kollege begleitet mich bis Balsthal, gibt aber bei St. Wolfgang auf. Zum Vorschein kommt ein stahlblauer Himmel, den man so lange nicht mehr gesehen hat. Ich fahre mit dem bekannten Lobisei-Umweg nach Mümliswil und nehme die alte Passwangstrasse in Angriff. Die mittlerweile stolzen 10 Grad bäumen sich hier immerhin zu gefühlten 20 auf. Beim Vogelberg folgt auf 1166 m der höchste Punkt der Tour...
Kurz darauf passiere ich die Grenze zum Kanton Baselland. Über den Grauboden und die Ulmethöchi bike ich zum Bretzwiler Stierenberg und weiter Richtung Nunningenberg, der wieder im Kanton Solothurn liegt. Ein Singletrail mit einer kurzen ausgesetzten Stelle führt später hinunter zur Ruine Gilgenberg. Das Bike hat schon ordentlich Schmutz angesetzt. Kein Wunder, insbesondere die schattigen Wege sind nach dem ganzen Geschiffe der letzten Tage und Wochen ziemlich nass. Nach dem Morast folgt die Rast, und zwar in der Ruine Gilgenberg. Danach fahre ich hinab nach Zullwil und rüber nach Meltingen...
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Ende des Nebels bei Balsthal |
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Trail zum Bretzwiler Stierenberg |
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Ruine Gilgenberg bei Zullwil |
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Fensterblick zur Zullwiler Kirche |
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Bike in der Ruine Gilgenberg |
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Ruine Gilgenberg im stahlblauen Himmel |
Jetzt folgt das Tagesziel: das wunderbare, wildromantische Kaltbrunnental. Zahlreiche Höhlen, Brücken und Bäche prägen nun das Landschaftsbild. Leider ist es auch hier nicht trocken, so dass ich das Bike zu Beginn sogar einige Meter trage, weil Fussspuren bei einigen Leuten positivere Emotionen auslösen als Bikespuren. Begegnen sollte ich im ganzen Tal aber nur einem jungen Pärchen. Ich mache den beiden Platz, sie bedanken sich, man grüsst sich, fertig. So einfach können Begegnungen zwischen Bikern und Wandern sein, wenn beidseitig ein Minimum an Toleranz und Rücksicht vorhanden ist...
Nach etwa 5 Kilometern werde ich bei Grellingen wieder ans Tageslicht befördert und passiere kurz danach auf rund 320 m den tiefsten Tourenpunkt. Dann streife ich das Dorf Grellingen im Süden und fahre hinauf Richtung Himmelried. Der Aufstieg ist zu Beginn recht steil, was ich sehr schätze. Man gewinnt rasch an Höhe, da wird nicht ewig herumgeblümelt. Ausser einem Ortsschild, das einsam im Walde steht, bekomme ich von Himmelried jedoch nicht viel mit. Ich umfahre das Dorf und bike zum Homberg. Apropos Wald: Die Blattverfärbung hat an vielen Orten bereits eingesetzt, obwohl heute astronomisch der letzte Sommertag ist...
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Blick auf Zullwil von der Ruine Gilgenberg |
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Kaltbrunnental im oberen Bereich |
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Wildromantik im Kaltbrunnental |
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Auf einer der vielen Brücken im Kaltbrunnental |
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Chessiloch bei Grellingen |
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Himmelried: Ein Schild, kein Dorf |
Auf dem Homberg ob Himmelried startet ein kleiner Singletrail, der auf den meisten Karten nicht zu finden ist. Der Weg ist gewissermassen die Verlängerung des Wisig-Singletrails, den ich immer wieder gerne fahre, auch wenn diesmal gegen Ende zwei Bäume drauf liegen. Nach dem Trail folgt noch ein anderer Homberg. Hier hole ich einen anderen Biker ein, mit dem ich ein paar Worte wechsle. Beim Hof Dietel werden wir von einem bellenden Hund begrüsst, der das Luxusproblem hat, gleich vier Waden zum Zubeissen zu haben. Aber das Tier hält sich zum Glück an das Sprichwort "Hunde, die bellen, beissen nicht"...
Danach trennen sich die Wege von Hund, Biker und Biker wieder. Für mich folgt die Abfahrt nach Bretzwil. Eilig habe ich es auf der heutigen Tour gar nicht, setze mich immer wieder auf ein Bänkli. Diese tragen im Solothurnischen teilweise Namen, im Baselbiet Jahreszahlen. Anscheinend habe ich eine masochistische Ader, die auf "mittelweiten" Touren immer wieder dafür sorgt, dass ich mich unzureichend vorbereite und darunter leiden muss. So auch heute. Soll heissen: wieder zu wenig Verpflegung dabei, nicht geschaut, wo und wann es etwas zu kaufen gibt et cetera. Kein Problem, es werden ja nur etwa 100 Kilometer. Ironie aus...
Der Magen knurrt, sucht vergeblich etwas zum Verdauen. Es droht ein Hungerast. Auch die Trinkvorräte sind zur Neige gegangen. Die Einkaufsmeile in Bretzwil ist eher überschaubar; die Läden sind geschlossen, viele endgültig. Auf einen Restaurantbesuch verzichte ich trotzdem und fahre im Kriechgang steil hinauf zum Hof Ramstein, wo weder US-Flugzeuge stationiert sind, noch eine deutsche Rockband aufspielt. Auf beides kann ich verzichten. Viel wichtiger ist, dass es hier einen kleinen "Kiosk" gibt, wo ich zumindest etwas Trinkbares einwerfen kann. Dann geht es weiter hoch zum Vogelberg auf rund 1150 m...
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Blick Richtung Basel ob Himmelried |
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Dem Dani sein Bänkli |
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Ausblick bei der Ulmethöchi |
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Ausblick auf das Baselbiet beim Grauboden |
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Szenerie beim Grauboden |
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Obere Wechten, Blick zu den Alpen |
Ein zum Teil etwas ruppiger Singletrail führt hinab zum Berghaus Obere Wechten. Es folgt eine kurze Gegensteigung, dann wartet die Abfahrt nach Mümliswil. "Entweder du gibst mir jetzt endlich etwas zu essen oder es raucht", sagt hier mein Körper ziemlich unmissverständlich. Ich nehme die Drohung ernst, suche in Mümliswil eine Bäckerei auf und gebe dem Körper etwas zu verdauen. Meine Unbelehrbarkeit diesbezüglich bleibt aber unverdaulich. Auf weite Touren bereite ich mich immer gut vor, bei kurzen tritt das Problem eines Hungerasts meist gar nicht auf. Und der Mittelstand zahlt wieder die Zeche, wie immer. Oder so ähnlich...
Schliesslich nehme ich noch den Rest bis zur Haustür, wo die coole Schwarzbubenland-Tour an diesem ausnehmend schönen Septembertag zu Ende geht. Gerne mehr davon! Das neue GPS, ein Austauschgerät, hatte seine Mühe mit der Aufzeichnung der Höhe und zeigte konstant etwa 50 bis 70 Meter zu wenig an, wie am Höhenprofil zu erkennen ist. Meine Form hat sich nach der Nahrungsaufnahme in Mümliswil wieder gebessert. Gut, dass mein Körper nicht reden kann. Er hätte mich einmal mehr nach Strich und Faden zusammengestaucht. Und womit? Mit Recht! Lernkontrolle folgt...
Höhenprofil
Tourdaten: Weite 103,6 km / Höhe 2590 m / Fahrzeit 6:57 h
GPS-Aufzeichnung der Tour: Schwarzbubenland-Kaltbrunnental
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