Sonntag, 25. Februar 2018

Sonniger Sonntag, bissige Bise...

Auch der Februar geizt leider wieder mit Sonnenschein, wo er nur kann. Wenigstens ist er dabei nicht so ein grässlicher Stürmi und Warmduscher wie der Januar. Die letzten Tage brachten immerhin relative Kälte, aber auch Nebel bis knapp unters Matterhorn. Und so tat ich etwas ausgesprochen Seltenes: Ich begab mich auf die Rolle. Im Keller steht noch so ein altes Ding, das schon viele Jahre nicht mehr benutzt worden ist. Kurz nach 19.00 Uhr begab ich mich auf das Teil und strampelte mir einen ab wie der Hamster im berühmten Hamsterrad. Nach gefühlten zwei Stunden gab ich gegen 19.30 Uhr auf...
 
Seither bin ich völlig von der Rolle. Nein, das ist einfach nichts für mich. Keine Natur, kein Trail, kein Ziel, kein Spass. Ich bewundere alle, welche die eiserne Disziplin aufbringen, um das regelmässig zu tun. Heute geschieht etwas Unfassbares: Ab Mittag zeigt sich die Sonne! Zwar ist es relativ kalt, und es weht eine zügige Bise. Das sind aber keine echten Gegenargumente. Nix Rolle, sofort raus da! Schön nach dem Zwiebelprinzip ziehe ich ein paar Lagen Kleider über. Kurz nach 13.00 Uhr sind der rote Anzug, die grünen Handschuhe und das gelbe Stirnband angezogen, so dass ich mich auf das blaue Fatbike setzen kann...
 
Schon rein farblich eine echte Herausforderung. Ein modischer Totalschaden. Aber Kleider müssen nützlich sein, nicht modisch. Eine Einstellung, mit der ich durchaus schon Vorgesetzte vor den Kopf gestossen habe. Aber Mode ist bekanntermassen die Abkürzung für "Man opfert die Ersparnisse". Minus 6 Grad hat es beim Fahrtantritt. Eine Tour de Morast wird das schon mal nicht. Wegen der böigen Bise nehme ich mir eine Strecke vor, die möglichst nicht nach Nordost oder Südwest ausgerichtet ist. Da bietet sich die "Seepferdchen-Tour" an, die ich öfter mal fahre...
 
Den Namen habe ich der Tour verpasst, weil ihre GPS-Aufzeichnung ein wenig an ein Seepferdchen erinnert. Es ist furztrocken da draussen, dazu Sonne satt. Perfekte Verhältnisse zum Biken. Was will man mehr? Nichts! Aber man kriegt trotzdem etwas mehr, nämlich die Bise, die mir sprichwörtlich um die Ohren pfeift. Durch den Helm entsteht sogar eine Art Melodie. Mit musikalischer Begleitung fahre ich dem sonnigen Leenberg ob Niederbipp entlang, wo das GPS mit minus 3,4 Grad die höchste Temperatur der heutigen Tour anzeigt, soweit ich darauf geachtet habe...


Burg Alt Falkenstein bei Balsthal
Burg Alt Falkenstein
Balsthal
Aufstieg am Rosschopf, ca. 1000 m
 
Schliesslich erreiche ich Balsthal und steige hoch Richtung Schwängimatt. Die Bise ist hier am Schattenhang kaum mehr ein Thema. Obwohl das GPS mittlerweile minus 8 Grad anzeigt, muss ich im Verlauf des Aufstiegs die Jacke ausziehen. Auch das Stirnband wandert in den Rucksack, bevor es zum Schweissband wird. Erstaunlicherweise ist der Aufstieg lange Zeit schneefrei. Erst auf etwa 800 m erkennt man langsam etwas Weiss am Hang. Als würdiger Ersatz warten dafür einige Burglind-Grüsse auf mich. Etwas unterhalb der Schwängimatt nehme ich den zunehmend schneebedeckten Rosschopf-Weg, der Richtung Hellchöpfli führt...
 
Schon lange beabsichtige ich, hier oben über den Grat zu fahren. Der erste Versuch am 24. Dezember 2017 scheiterte im (zu) tiefen Schnee. Seither gibt es hier eine offene Rechnung. Nach meinen Überlegungen und Hoffnungen könnte es heute aber funktionieren. Ab etwa 1100 m ist die Landschaft schon deutlich winterlicher. Durch ein kleines Winter-Wonderland geht es die letzten Höhenmeter dem Hellchöpfli entgegen. Bei der Absperrung zur ehemaligen Bloodhound-Stellung folgt schliesslich der mühsamste Teil der Tour: Ich muss die letzten Meter durch den Wald zum Grat hinaufstapfen...


Bikespur im Schnee
Spuren hinterlassen
Verschneite Landschaft
Minus 14 Grad auf knapp 1200 m
Es ist kalt geworden...
Kurz vor der Bloodhound-Absperrung
Beginn Hellchöpfli-Gratweg
Unterwegs auf dem Hellchöpfli-Gratweg
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Mit dem Fattie und im Schnee eine etwas mühsame, heute aber lohnende Sache: Der Gratweg ist wunderbar fahrbar. Zwar nicht immer ganz einfach: Ab und zu rutscht das Bike seitlich weg oder sinkt kurz ein. Mein Kinn sagt mir, dass es hier am verschneiten Schattenhang a-kalt sein muss. Es ist immer ein sehr guter Indikator dafür. Und wenn es sich so anfühlt wie jetzt, muss die Luft zweistellig unter null Grad sein. Das GPS zeigt minus 14 Grad. Frieren tue ich aber wirklich nur am Kinn. Das Grinsen bei der Abfahrt zur Schwängimatt will kaum noch aus dem Gesicht und wärmt dabei auch gleich noch das Kinn...
 
Eher kurz ist die Abfahrt zwar, aber genial. Beim Fotografieren stelle ich fest, dass der Akku der Kamera, der zu Hause noch fast voll geladen war, bereits zur Neige zu gehen droht. Ich glaube, soeben begriffen zu haben, warum man im Winter keine E-Mountainbiker sieht. Nach einer kurzen Gegensteigung fahre ich noch über den Gratweg der Schwängimatt und nehme dann die Abfahrt Richtung Walderalp unter die Stollen. Der Schnee ist rasch wieder Geschichte. Den Trail bei der Erlinsburg lasse ich aus und fahre stattdessen nach Walden und Wolfisberg, wo es Richtung Niederbipp auch noch einen netten Singletrail gibt...

Ausblick vom Hellchöpfli-Gratweg
Untergehende Wintersonne und Schnee
Wintersonne
Feldweg mit Sonnenuntergang
Sonnenuntergang nahe Oberbipp
 
Es dunkelt bereits ein. Bei Oberbipp verschwindet die Sonne hinter dem Berg. Immer wieder erstaunlich, wie schnell die Zeit vergeht. Die minus 7 Grad hier fühlen sich vergleichsweise an wie Kindergeburtstag. An Oberbipp vorbei fahre ich Richtung Wangen an der Aare. Dort nehme ich zur Umgehung des Dorfes die "Geschenkschleifli-Umfahrung" und mache mich dann mit leicht alternativer Streckenführung an den Rest. Bei ziemlich stark fortgeschrittener Dämmerung geht die heute nicht ganz originalgetreue "Seepferdchen-Tour" zu Ende...

Die Bedingungen da draussen waren gewiss nicht unerträglich oder gar extrem. Im Gegenteil: Es war ein richtig schöner (Halb-)tag bei trockenen Verhältnissen. Immer dran denken: Bei Kälte kann man sich warm anziehen. Bei Hitze kann man nur noch aus der Haut fahren...
 
 
Höhenprofil
 
 
 
Tourdaten: Weite 54,1 km / Höhe 1320 m / Fahrzeit 4:00 h
GPS-Aufzeichnung der Tour: Hellchöpfli-Grat


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