Samstag, 29. Juli 2017

James Brown, U2 oder Erste Allgemeine Verunsicherung?

Lange hat mein Umfeld mir ins Genick gehustet und geniest. Gut eine Woche habe ich mich gegen das Geschenk gewehrt, dann war es doch soweit: Auch ich durfte bei 33 Grad in die Waagrechte. Just zu einer Zeit, wo im Geschäft sehr viel los ist. Halsschmerzen und Husten bei brütender Hitze – etwa so absurd wie ein Hitzschlag im Winter. Seit dem 16. Juli war ich nur noch einmal auf dem Bike: am 23. Juli. Bin gespannt, welches Lied mein Körper heute anstimmen wird: "I Feel Good" von James Brown? Oder "I Still Haven't Found What I'm Looking For" von U2? Bitte einfach nicht "Der Tod" von der Ersten Allgemeinen Verunsicherung...
 
Von der Erkältung übrig geblieben ist noch ein leichter Husten. Aber dort, wo es heute hingeht, wird der nicht gross stören. Es wird mir wohl eh niemand begegnen. Ausser vielleicht ein paar Fernseh-Pilger, die gerade unweit unterwegs sind. Ich wische die Spinnwaben vom Bike und trete um 09.15 Uhr kräftig ins Pedal. Dabei springt die Kette mit einem Knall ab. Ein Sturz auf dem ersten Meter einer Tour wäre eine Premiere, vor der ich mich jedoch mit einer akrobatischen Einlage, die von Nachbarn beklatscht wird, retten kann. Soll das etwa ein Omen sein für das, was heute kommt? Aber lassen wir das mit dem Aberglauben...
 
Auf den ersten Metern der Tour fühle ich mich super. Das ist nach meiner bisherigen Erfahrung eher ein schlechtes Zeichen. Aber eben, lassen wir das mit dem Aberglauben. Auch heute habe ich mir wieder ein Ziel ausgesucht, das sich nicht allzu viele aussuchen. Ich fahre erst mal nach Balsthal. Es hat noch einige Wolken bei angenehmen 17 Grad. Am Aufstieg zum Brunnersberg beginnen sich die Wolken langsam zu verziehen und der Schweiss zu tropfen. Mehrmals springt hier wieder die Kette vom grossen Kettenblatt. Was will mir das sagen? Dass ich nicht im grossen Blatt den Berg hochfahren soll?
 
Gemächlich und gemütlich geht es trotz Kettenproblemen hinauf bis auf 1190 m beim Hof Zentner. Hier wechsle ich die Kette. Nicht die am Bike – die am Jura. Es geht von der zweiten auf die dritte Jurakette. Da ich einmal mehr zu wenig Trinkbares eingepackt habe, und die Beizendichte im weiteren Tourenverlauf stark reduziert sein wird, nehme ich auf der Terrasse des Restaurants Matzendörfer Stierenbergs Platz. Zufällig am Tisch 13. Aber nochmals: Vergiss den Aberglauben! Offenbar wurde die Beiz kräftig umgebaut. In einem umfunktionierten Bauwagen neben dem Gebäude kann man übernachten. Coole Idee!

Die lassen ihre Köpfe noch nicht hängen
Sonnenblumen
Unterwegs auf der Hochebene des Brunnersbergs
Brunnersberg
Beim Scheltenpass
Fahrt ins Blaue...
 
Nach kurzer Pause fahre ich über die Höhe des Stierenbergs, wo auf etwa 1199 m der unauffällige Höhepunkt der Tour erreicht wird. Ein Singletrail führt nun hinab zum Hof Rotlach. Auf meist flüchtigen Wegen geht es jetzt über die Höhen des kaum bekannten Schönenbergs – einsam und oft mit Blick vom Chasseral bis nach Basel. Ich geniesse es richtig. Nach einer Pause fühlt man sich offenbar wirklich besser. Gell, Herr Federer? In welchem Kanton ist man hier eigentlich? Gar nicht so einfach. Die Antwort lautet Jura. Einen Meter rechts des Wegs aber Bern. Nach einem kurzen Wiesen-Dowhnill erreiche ich den Hof Grande Schönenberg...

Matzendörfer Stierenberg, knapp 1200 m
Matzendörfer Stierenberg
Hof Rotlach, im Hintergrund Delémont
Rotlach
Hof Rotlach, Schelten
Pferde beim Hof Rotlach
 
Jetzt passiere ich die Grenze zum Kanton Bern und bike durch den kurzen, aber recht wilden Hüsligraben zum Seehof – einer der wohl abgelegensten Gemeinden des Kantons Bern, die aus ein paar Einzelhöfen besteht. Obwohl hier mehrheitlich Deutsch gesprochen wird, steht "tourisme pédestre" auf den Wanderwegzeichen. Auch der französische Name des Dorfes, Elay, ist in den letzten Jahren verschwunden. Viele Wanderer oder Biker verirren sich ohnehin nicht hierher. Wer sich hier bewegt, sollte jedoch aufpassen: Immer wieder sind schlecht oder gar nicht markierte Drähte und Zäune über die Wege gespannt...
 
Die Steine rechts bilden die Kantonsgrenze Jura-Bern
Unterwegs auf dem Schönenberg
Schönenberg JU
Schönenberg JU
Einsam unterwegs Richtung Hüsligraben
Wandgraben
 
Durch eine weitere kleine Schlucht fahre ich später hinauf Richtung Rohrgraben. Hier begegne ich sogar jemandem, einem jüngeren Wanderer mit Rastalocken, der freundlich grüsst. Am Ende der Schlucht, auf 883 m, habe ich die Wahl, ob ich den Kleinen oder den Grossen Rohrgraben hochklettern will. Als ich das letzte Mal hier war, stand ich am Scheideweg. Jetzt stehe ich an der Scheidestrasse. Zwischenzeitlich wurden beide Wege geteert. Schade. Ich nehme den Grossen Rohrgraben, den ich mindestens 10 Jahre nicht mehr gesehen habe, und erreiche später den Probstenberg auf der zweiten Jurakette...
 
Über Forstwege und Singletrails geht es runter nach Welschenrohr, wo gerade eine Hochzeit stattfindet. Meine letzte Hochzeit für heute wird auf 1050 m enden, beim Hochkreuz. Hier folgt auch der letzte Abstieg des Tages bis an die Aare und der Rest nach Hause. Irgendwelche Fernseh-Pilger von SRF habe ich heute nicht gesehen. Dafür aber auffallend viele Sonnenblumen, die bereits die Köpfe hängen lassen. Das war letztes Jahr anders. Für mich gibt es heute keinen Grund, den Kopf hängen zu lassen. Ich habe mich überraschend gut gefühlt. Zu Hause angekommen, geht es ab unter die Dusche. Dazu Musik von James Brown…
 
Blick durch das Tal beim Seehof
Seehof
Links unten kommt Welschenrohr ins Bild
Abfahrt nach Welschenrohr
Nahe des Hofes Alpfelen
Blumenfeld oberhalb Attiswil
 
Höhenprofil
 
 
 
Tourdaten: Weite 80,4 km / Höhe 2070 m / Fahrzeit 5:26 h
GPS-Aufzeichnung der Tour: Schönenberg


Samstag, 15. Juli 2017

Alles flüssig gelaufen...

Ich liebe den Sommer. Ein normaler Sommer bringt Tageshöchstwerte von rund 25 Grad. Und von mir aus dürfte er sich gerne strikt daran halten. Doch heuer weicht er wieder stark nach oben ab. Heute sind wir exakt in der Mitte der wärmsten Jahreszeit angelangt. Und es soll für einmal ein nicht allzu heisser Tag werden. Also genau richtig, um sich nach einer strengen Arbeitswoche wieder mal aufs Bike zu setzen. Nächste Woche droht ja bereits die nächste Backofenphase dieses Sommers. Viele Leute sind bereits in den Süden gereist. Was will man hier bei 33 Grad schlottern, wenn man in Spanien bis 47 Grad haben kann?
 
Um etwa 08.45 Uhr starte ich gen Westen. Der Stadt Solothurn komme ich heute etwas näher als auch schon. Bei Langendorf verlasse ich meine Standardlinie endgültig und fahre etwas südlicher als gewohnt Richtung Selzach. Schon erstaunlich: Nur ein paar Hundert Meter weiter unten, und schon ist alles unbekannt. Sogar einen kleinen Weiher gibt es hier, den ich nicht kenne, obwohl ich einige Meter weiter oben mit sämtlichen Schnecken per Du bin. Dass ich das Dorf Selzach ganz im Norden streife, hat den Zweck, mal wieder eine zusammenhängende Steigung von über 800 Höhenmetern zu fahren. Genau das kann man hier...
 
Meine erste Idee, die Stadt Solothurn nach vielen Jahren wieder mal zu durchfahren und dann von der Aare her den Berg zu erklimmen, habe ich verworfen. Das Risiko, in der Stadt von einem Kopfhörer tragenden Velofahrer verletzt oder gar getötet zu werden, ist mir schlicht zu hoch. Bei Selzach auf 477 m beginnt nun die durchgehende Steigung, die erst auf 1292 m, kurz vor dem Althüsli, durch eine kurze Gegensteigung unterbrochen wird. Ich fühle mich wohl im Aufstieg. Es ist, als könnte ich noch ewig so hochfahren. Postkartenwetter hat es heute nicht, die Wolken sind dicht. Aber gerade das macht den Aufstieg für mich angenehm...

Weiher zwischen Bellach und Selzach
Weiher oberhalb von Bellach
Sonnenblumenfeld bei Selzach
Kurz vor Selzach
Althüsli, 1318 m
Am höchsten Punkt der Tour...

Vom Althüsli auf 1318 m geht es zunächst auf einem sauberen Naturweg, dann auf einem bachbettartigen Karrweg abwärts, der auf 1066 m unauffällig die Kantons- und Sprachgrenze überquert. Ein stark ausgewaschener Singletrail führt jetzt in eine Schlucht hinab. Es folgt ein weiterer, auf der Karte nicht markierter Singletrail, kurz darauf ist die Binzbergstrasse unterhalb des Hofes Guibou erreicht. Kurz etwas Teer, schon geht es hoch zum Graitery, einem kaum bekannten Berg. Obwohl für mich das Gebiet zwischen Graitery und Oberdörferberg als bikemässiges "Nullgebiet" gilt, bin ich gerne alle paar Jahre mal hier…
 
Der "Sommet" des Graitery auf 1280 m liegt unspektakulär auf einer leicht ansteigenden Wiese ohne Aussicht. Ein Weg ist dort nicht wirklich. Eher sind es Traktor- und Tierspuren. Im Anschluss fahre ich über eine Wiese, wo eigentlich wieder ein Wanderweg sein sollte. Nur wo? Mit Distanz folge ich zwei Wanderern, die wohl auch auf Wegsuche sind, mitten durch die Prärie. Plötzlich kommt weiter unten ein Bauer in mein Blickfeld – und ich in seins. An ihm muss ich vorbei. Meine Sorge, in Kürze ein paar neue französische Wörter zu lernen, zerschlagen sich aber. Er sagt nur ein mir bekanntes Wort: bonjour. Und das sehr freundlich...
 
Jetzt noch wenige Meter, und ich erreiche ein Naturfreundehaus. Hier müsste sich der Blick auf Moutier öffnen. Bei der Hütte sitzen etwa acht Leute an einem Tisch. Zwei davon telefonieren. Ich werfe ihnen eines der drei Wörter meines französischen Wortschatzes entgegen: bonjour. Das Oktett erwidert meinen Gruss freundlich mit dem gleichen Wort. Fast wie ein Chor tönt es aus acht Mündern. Sogar die beiden Telefonierenden unterbrechen ihr Gespräch rasch, um mich zu begrüssen. Erfahrungsgemäss hätte es in der Deutschschweiz bei dieser Konstellation maximal für ein Quartett gereicht...
 
Die Mentalität ist im frankophonen Teil unseres Landes einfach anders. Nach meiner bisherigen Erfahrung erfrischend anders. Vielleicht waren es ja auch Béliers, die seit dem 18. Juni 2017 immer noch in Feierlaune sind. Denn da unten kommt sie ins Bild: Moutier – die Stadt mit 51 Prozent überglücklichen Einwohnern. Die Schafböcke haben nach langer Zwängerei, pardon nach langem Kampf gegen die Wildschweine obsiegt. Und so JU-beln die einen, während die anderen zutiefst BE-trübt sind. Nun sei die Jurafrage endgültig geklärt, sagt der Kanton Bern. Ganz sicher. Und die Erde ist eine Scheibe, oder?

Kurz vor der Sprachgrenze...
Weg bei Schwelli
Ausblick beim Naturfreundehaus Graitery
Blick auf Moutier vom Graitery
Restaurant? Das war mal...
(L'Ancien) Restaurant du Graitery
 
Nach kurzem Aufenthalt beim Naturfreundehaus geht es am "Restaurant du Graitery" vorbei. Es zeigt sich, dass da längst nicht mehr drin ist, was draufsteht. Die besten Zeiten des Hauses sind sichtlich passé. Auf Wegen unterschiedlicher Beschaffung fahre ich runter und rüber zum Binzberg, der wieder im Solothurnischen liegt. Meine Streckenführung über den Graitery sieht auf der GPS-Aufzeichnung aus wie die Flugroute einer Stubenfliege. Nach einer kurzen Pause wartet noch der Weissenstein. Dort oben ist überraschend wenig los an diesem Samstag. Ferienzeit eben. Ich bike runter zum Balmberg und ganz runter an die Aare...
 
Bei der Fahrt der Aare entlang Richtung Deitingen verspüre ich einen Stich im rechten Oberschenkel, der definitiv von etwas Grösserem als einer Bremse stammen muss. Als Bienenallergiker sollte ich da dringend mal nachschauen. Einen Stachel kann ich in der Wunde nicht erkennen. Dennoch nehme ich sicherheitshalber das Mittel gegen die Allergie ein, auch wenn dieses in unangenehmer Weise abführend wirken kann. Aber lieber das, als dass ich selbst abgeführt werde. Nach rund 92 Kilometern ist die Tour dann ohne weitere Zwischenfälle zu Ende. Es lief alles flüssig. Wirklich alles...
 
 
Höhenprofil
 
 
 
Tourdaten: Weite 92,3 km / Höhe 2440 m / Fahrzeit 6:22 h
GPS-Aufzeichnung der Tour: Graitery
 

Dienstag, 4. Juli 2017

Im Auge des Hurrikans...

Aktuell läuft im Berufsleben sehr viel. Ich mag das, solange der Ausgleich, sprich das Biken, noch gewährleistet ist. Aber das ist es gerade nur bedingt. Letztes Jahr hatte ich im Juli Ferien, heuer tobt im Geschäft wieder der Halbjahres-Hurrikan, der noch bis mindestens zur dritten Julidekade anhalten wird. Momentan muss ich aber auf Daten warten, komme nicht weiter. Es ist das berühmte Auge des Hurrikans, und da ist ja bekanntlich kurzzeitig alles ruhig. Auch die unsägliche Hitze von Ende Juni befindet sich scheinbar auf kurzer Geschäftsreise im Süden, wo sie eigentlich hingehört, wird aber bereits morgen zurückkehren...
 
Diesen Tag muss ich also unbedingt packen. Danach wird es wieder abgehen – im Büro und bei der Temperatur. Eine Weite unter 100 Kilometern und eine Gesamthöhe unter 2000 Metern werden heute nicht akzeptiert. Sonst ist der Tag vor die Hunde geworfen. Und mit Hunden hatte ich auf der Tour am 1. Juli schon genug zu tun! Etwas nach 08.00 Uhr starte ich bei noch angenehmen 14 Grad. 27 sollen es am Nachmittag werden, so die Wetterfrösche. Dem Inkwilersee entlang geht es westwärts nach Deitingen, dann der Aare entlang und diese überquerend Richtung Riedholz...
 
Es folgt die mehr oder weniger standesgemässe Umfahrung Solothurns. Auch die restlichen Dörfer des Leberbergs werden nördlich umgangen. Dabei fahre ich auf einer Höhe von gut 600 m, bevor oberhalb von Selzach die Hauptsteigung zum Grenchenberg beginnt. Je steiler es wird, desto wohler beginne ich mich zu fühlen. Schliesslich erreiche ich das Wäsmeli auf gut 1100 m. Hier werden nochmals ein paar Höhenmeter vernichtet. Es folgt ein Forstweg und am Ende ein gut fahrbarer Singletrail, der sich auf der Hochebene des Grenchenbergs auf rund 1240 m zwischen Pferden und Kühen verliert...


Bei Lommiswil, Blick Richtung Bucheggberg
Ausblick ob Lommiswil
Pferde nahe der Sprachgrenze
Bilingue Pferde beim Grenchenberg
Unterwegs auf dem Montoz-Plateau
Montoz-Plateau auf gut 1200 m

Ein Kuhgatter führt unauffällig über die Kantons- und Sprachgrenze. Hier oben kommt man zwar mit "bonjour" und "guten Tag" in etwa gleich weit. Bilingue ist angesagt. Über die Montoz-Hochebene bike ich auf Naturwegen immer leicht auf und ab zur Montagne de Sorvilier. Jetzt geht es hinab ins Vallée de Tavannes, wo man sich mit "bonjour" endgültig besser schlägt als mit "guten Tag". Mir kommt zwar viel eher "merde" in den Sinn, als im Abstieg meine Vorderbremse zeitweise wieder zu streiken beginnt. Schon komisch, das passiert immer nur auf längeren Touren. Und zwar zu Beginn, damit man möglichst viel davon hat...

Ich passiere das Dorf Malleray, und schon geht es wieder aufwärts zum Moron. Die schmale Strasse ist anfangs geteert, ohne Schatten und teils recht steil. Einige Quellwolken zieren den Himmel. Aber keine käme auf die Idee, sich mal kurz vor die Sonne zu setzen. Zirka 23 Grad sind es jetzt, die an der Sonne zum gefühlten Zahlendreher werden. Und so ziehe ich eine Schweissspur hinter mir her und freue mich über all die stechenden Insekten, denen das gefällt. Bergab nerven die einen Bremsen, bergauf die anderen. Die Strasse verläuft im Mittelteil nicht mehr ganz nach Karte: Ich lande plötzlich in einer Kiesgrube...
 
Die Temperatur fällt mit zunehmender Höhe, und mein Wohlfühlfaktor steigt in gleichem Masse. Ich erreiche den Moron mit seinem markanten Aussichtsturm auf rund 1330 m, mache schnell ein paar Fotos und nehme dann den "offiziellen" Singletrail hinunter nach Champoz. Dieser hat für mich in der Mitte eine kurze nicht fahrbare Stelle, fägt aber ansonsten sehr. Und für etwas hat man ja noch eine Hinterbremse. Champoz ist ein kleines, aber feines Dorf mit schönem Ortsbild. Ideal für eine kurze Pause – die sich aber als kontraproduktiv herausstellen sollte...


Montagne de Sorvilier, 1250 m
Montoz, Montagne de Sorvilier
Auf dem Weg nach Malleray
Abfahrt ins Vallée de Tavannes
Moron-Turm, Werk des Mario Botta
Moron mit Aussichtsturm
 
Nach Champoz folgt ein längerer Singletrail dem Mont Girod entlang Richtung Court. Der Pfad führt anfangs leicht abwärts und ist völlig problemlos fahrbar. Später wird er eine Spur technischer mit kurzen Gegensteigungen. Irgendwo erwische ich einen falschen Trail und lande da, wo ich nicht hinwollte: in Court. Da muss ich jetzt durch, und zwar durchs ganze Dorf. Aber soweit ich mich erinnere, ist der erste Teil des Singletrails ohnehin der schönere. So what, wie man hier sagt. Ich bin im Moment ziemlich gekocht, stehe aber noch auf der falschen Seite des Bergs. Die berühmte Krise zwischen Kilometer 60 und 70...


Moron, 1330 m
Am höchsten Punkt des Moron
Les champs de Champoz...
Blick nach Champoz
Champoz, Dorfzentrum
Champoz

Ich fahre zum Binzberg, dem Pass zwischen Court und Gänsbrunnen, und bike dann hinauf Richtung Althüsli. Je mehr es topografisch aufwärts geht, desto mehr geht es auch mit der Fitness wieder aufwärts, ohne dass ich etwas dafür getan hätte. Beim Althüsli auf 1292 m nehme ich wieder mal den Trail hinunter nach Lommiswil. Genuss pur! Ich fahre da runter wie Crème, allerdings gebrannte. Aber trotz lädierter Bremse vergeht mir das Grinsen nicht, im Gegenteil. Auf knapp 700 m endet der Pfad. Ich fühle ich mich wieder fit, aber durstig. Und hungrig auf noch einen Trail. Diesen finde ich von der Martinsfluh nach Riedholz...


Zu Beginn des Court-Trails
Trail nach Court
Binzberg, Blick bis Balsthal
Binzberg, Blick ins Thal
Umfahrung Solothurn und Umgebung
Ob Lommiswil, Blick Richtung Solothurn

Später geht es der Aare entlang nach Deitingen. Hier zeigt mir der Körper mit einem rot leuchtenden Tankstellensymbol an, dass er jetzt unbedingt wieder etwas Flüssiges braucht. Daher lege ich noch einen ungeplanten Stopp bei der Autobahnraststätte Deitingen ein. Dort schaue ich auch mal schnell, wo ich überall Kratzer und Insektenstiche habe. Es kommt schon einiges zusammen. Irgendwo hat sich anscheinend ein Ästchen leicht in meinen rechten Arm gebohrt. Besonders lauschig ist es an der Raststätte nicht, daher steige ich bald wieder aufs Bike. Rasch springt der Kilometerzähler danach auf 100,0...

Im Moment ist ja Zeit der Zeugnisse. Mein Zeugnis für die heutige Tour: Weite: befriedigend; Gesamthöhe: deutlich übertroffen; Spassfaktor: deutlich übertroffen. Und hier mein Versuch, der zeitweise streikenden Vorderbremse auch noch etwas Positives abzugewinnen: Dank der langsamen Abfahrten war ich etwas länger unterwegs und hatte deshalb mehr vom Tag. In diesem Sinne: Fahrzeit: ebenfalls deutlich übertroffen...


Höhenprofil

 
 
Tourdaten: Weite 108,8 km / Höhe 3000 m / Fahrzeit 8:01 h
GPS-Aufzeichnung der Tour: Tour de Moron
 

Samstag, 1. Juli 2017

Viel zu verdauen...

Im Juni 2017 habe ich insgesamt nur gerade sechs Berliner verzehrt. Nur leider alle gestern Abend an einer geschäftlichen Veranstaltung nahe Wynau. Die Arbeitswelt hat mich nach den Ferien wieder – und wie. Immerhin konnte ich den gestrigen Anlass zum Anlass nehmen, die Anreise mit einer kurzen Biketour zu verbinden. Dabei durfte ich einem Arbeitskollegen, der mich begleitete, meine Kunst der Desorientierung etwas näherbringen. Es ist immer schön, wenn man jemandem etwas weitergeben kann. Dass ich die Kunst der Irrfahrt nahezu perfektioniert habe, werde ich auch heute merken...
 
"Auf Trailsuche im Oberaargau" könnte der Titel dieser Kurztour auch lauten. Über den Dornegggütsch geht es zuerst nach Madiswil. Ein "inoffizieller", sprich auf der Landeskarte nicht markierter Singletrail führt oberhalb des Dorfes um den Hunzen herum Richtung Rohrbachberg. Nach dem gut einen Kilometer langen Pfad wechselt der Belag kurz von Natur auf Asphalt, bevor es einige Meter steil eine Wiese hinaufgeht. Vor dem Rohrbachberg springen plötzlich zwei kläffende Hunde und ein Bauer auf mich zu. Letzterer zum Glück zuhinterst und nicht vorab. Ein mulmiges Gefühl, wenn so zwei Köter auf einen zukommen...
 
Der Bauer ist aber sehr freundlich, bringt mit etwas Mühe die beiden Tiere unter Kontrolle und begegnet mir mit dem Running Gag aller Hündeler: "Keine Angst, die tun nichts, die wollen nur spielen." Vorsicht, eines Tages spiele ich mit! Wenig später fahre ich zu einem einsamen Hof nahe der Burgruine Rohrberg hinab. Dort unten verliere ich ziemlich die Orientierung. Das GPS-Gerät auch. Hier muss irgendwo ein Pfad nach Rohrbach hinunter führen. Die längste Zeit irre ich um den Hof herum und bin froh, dass kein Hund da ist. Durch ein Fenster werde ich dabei von einem Mann beobachtet. Wie wird dieser reagieren, frage ich mich...

Ist er freundlich, wird er das Fenster bald öffnen und mich anständig fragen, was ich denn suche. Ist er unfreundlich, wird er das Fenster öffnen und mich fragen, was ich hier zu suchen hätte. Doch der Mann verhält sich schweizerisch neutral und sieht mir nur zu, wie ich umherirre. Schliesslich finde ich nach etlichen Anläufen den Singletrail und erreiche später Rohrbach. Auf der anderen Seite des Dorfes geht es bald wieder hinauf zur Kaltenegg. Im Wald verfahre ich mich nochmals kurz. Bei schönem Ausblick bike ich dann mit leichtem Auf und Ab Richtung Mühleweg und folge dort dem Wanderwegweiser zum Weiler Otterbach...

Kurz vor dem Einstieg in einen inoffiziellen Singletrail...
Am Hunzen ob Madiswil
Blick nach Huttwil bei Oberglasbach
Blick Richtung Huttwil
Dürrenroth vom Chabisberg aus
Blick auf Dürrenroth

Beim Hof Schangeneich kommt wieder so ein bellender Pelzträger angerannt. Wenn man so einen am Hinterrad hat, kann man insbesondere bergab eindrückliche Bestzeiten realisieren. Glücklicherweise kommt auch hier die Besitzerin und hält das Tier zurück. Über die Otterbachegg und den Friesenberg fahre ich Richtung Lünisberg. Auch hier gibt es einen inoffiziellen Trail. Diesen nehme ich und lande nach zirka einem Kilometer irgendwo im Niemandsland unterhalb der Wäckerschwend. Es folgt ein kurzer Gegenanstieg zum Lünisberg. Hier kämpft sich eine etwa 20-köpfige Bikergruppe hoch...
 
Einige dieser Kollegen überhole ich am Aufstieg. Ich komme mir irgendwie immer seltsam vor, wenn ich jemanden überhole. Fast noch mehr, als wenn ich selbst überholt werde. Aber ich muss mich langsam beeilen, folge am Abend noch einer Einladung. Via Richisberg und Buchi geht es zur Linden und auf einem letzten inoffiziellen Trail im Bützbergwald zurück nach Hause. Eine strenge Arbeitswoche, drei aggressiv kläffende Köter und sechs Berliner. Viel zu verdauen. Die nicht allzu beeindruckenden 52 Kilometer dürften in Verbindung mit den Höhenmetern zumindest die Berliner geradeso verbrannt haben…
 
 
Höhenprofil
 
 
 
Tourdaten: Weite 52,7 km / Höhe 1470 m / Fahrzeit 3:38 h
GPS-Aufzeichnung der Tour: Oberaargau-Tour