Im Gegensatz zur Tour von letzter Woche entstand die heutige sehr spontan, um nicht zu sagen überhastet. Der Oktober gibt heuer mächtig Gas mit schönem Wetter, das ich unbedingt ausnutzen muss. Denn ein bisschen die Hochs und Tiefs umgestellt, und schon schneit es. Die Sörenberg-Tour soll heute eine Art "kleinen Bruder" erhalten. Nachdem ich alle Umstände und Gegebenheiten analysiert hatte, war klar, dass vor dem Juni 2018 nur noch ein Tag dafür in Frage kommt: der 16. Oktober 2017. Als morgens die Strassenlampen nach und nach ausgehen, starte ich Richtung Osten – erneut in kurzer Kleidung. Diesmal hat es 5 Grad; das ist immerhin 25 Prozent wärmer als letztes Mal! Nebel hat es keinen...
Zum Aufwärmen fahre ich über die Linden nach Rohrbach. Dort folgt die nächste Steigung Richtung Huttwilberg mit der Absicht, Huttwil zu umfahren. Ich streife das Dorf noch am östlichen Ende, dann geht es ganz unauffällig über die Luzerner Kantonsgrenze. Relativ direkt und ohne grosse Experimente fahre ich nach Willisau. Bei Gütsch hat man einen schönen Blick auf das noch verschlafen wirkende Städtchen. Hier oben spricht mich ein Mann an, wohin ich gehen wolle. Er bike selber auch sehr gerne, sei letzte Woche beim Salwideli gewesen. Als ich entgegne, ebenfalls dort gewesen zu sein, sprudelt es nur so aus ihm heraus, wie schön doch Biken sei. In der Hoffnung, nicht unhöflich zu sein, kürze ich das Gespräch dann etwas ab, bin ja noch nicht ganz am Ziel meiner Tour...
Es folgt ein kurzer Dowhnill. Auch Willisau streife ich nur ganz im Osten, aber das reicht mir völlig. Unglaublich dieser Verkehr hier. Von wegen verschlafen. Ich fahre am Bahnhof vorbei, dann wird es rasch wieder ruhig. Ich folge meist dem Wanderweg nach Wolhusen, der durch eine schöne, mir völlig unbekannte Gegend führt. Auf die Durchfahrt von Wolhusen freue ich mich gar nicht. Aber der Ort liegt in einer Senke und ist ein Knotenpunkt. Und so auf die Schnelle wollte mir keine vernünftige Umfahrung ins Auge stechen. Mitten im Dorf mache ich bei Kilometer 45 eine Pause. Warum bloss schreien sich die beiden Frauen vor der Bäckerei so an? Aha, die schreien sich gar nicht an, die versuchen sich zu unterhalten...
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Morgendliches Willisau |
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Ahorn im Herbstkleid |
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Oberhalb von Menznau |
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Kurz vor Wolhusen |
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Herbst pur |
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Wolhusen |
Dabei hätte Wolhusen durchaus einen gewissen Charme, wäre da nicht der Verkehr Marke Grossstadt. Beim Aufstieg Richtung Obermoos wird es rasch ruhiger. Es geht weiter bergwärts zum Weiler Rengg, wo der "Wanderweg" leider etwa 3 Kilometer auf der Strasse verläuft. Das Dorf Finsterwald böte Stoff für einen Krimi. Aber nur des Namens wegen, denn so finster ist der Wald hier gar nicht. Die Kirchturmuhr schlägt zwölfmal. Nach einem etwas kräftezehrenden Abschnitt beim Fuchseremoos folgt ein kurzer, aber cooler Singletrail hinunter auf die Passstrasse zum Glaubenbergpass. Die Bauern sind hier alle so freundlich, winken, grüssen teils überschwänglich. Nik Hartmann meinte kürzlich: Auf über 1000 m treffe man nur äusserst selten Idioten an...
Diese Aussage kann ich nach meiner Erfahrung weitestgehend bestätigen. Etwas relativiert wird sie allenfalls an Orten, wo im Umkreis von zirka einem Kilometer Gratisparkplätze zur Verfügung stehen. Bei Gfellen kann ich der Glaubenberg-Passstrasse nochmals über einen Singletrail entfliehen. Der Rest des Aufstiegs erfolgt dann leider auf der Strasse. Dies hat wenigstens den Vorteil, dass ich mich nicht gross verirren kann. Denn heute nutze ich wieder jede Chance, mich zu verfahren, die sich mir bietet. Selbst Halb- und Vierteilchancen packe ich mit meinem gigantischen Talent. Nachteilig ist vor allem der Verkehr, der am heutigen Montag allerdings nicht allzu schlimm ist...
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Waldhütte oberhalb Werthenstein |
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Am Glaubenbergpass |
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Ententeich bei der Glaubenberg-Passhöhe |
Zahlreiche Motorräder überholen mich. Einige davon surren und sehen auf den ersten Blick aus wie Mountainbikes, haben aber nichts damit zu tun. Zum Glück hat die Fahrbahn keinen Mittelstreifen. Auf Passstrassen mit Mittelstreifen reagiere ich äusserst allergisch. Kurz vor der Passhöhe zeigt mir ein Schild an, dass der Kanton Luzern durchfahren ist: Ich bin im Kanton Obwalden angelangt. Bei der Passhöhe auf 1539 m setze ich mich kurz auf ein Bänkli und geniesse die schöne Landschaft. Es ist unglaublich warm, an der Sonne schon fast unangenehm. Danach geht es auf einem kleinen Militärsträsschen weiter bis rund 1750 m. Hier könnte man unter anderem zum Sewenseeli und nach Flühli hinunterhügeln (downhillen)...
Ich mache mich aber auf den Weg Richtung Sewenegg, dem Scheitelpunkt meiner Tour. Dort will ich einen Singletrail zurück zum Glaubenbergpass nehmen. Am höchsten Punkt meiner Tour, auf gut 1800 m, ist eine Pause fällig. Die Fernsicht ist Hammer, der Himmel tiefblau. Wetter, das Wolkensucher depressiv macht. Vom Singletrail zum Glaubenbergpass habe ich mir das Blaue vom Himmel versprochen, doch er ist nicht gerade das Gelbe vom Ei: zuerst noch lässig, dann zunehmend morastig und steinig. Ein wenig Hike and Bike, was ich nicht so mag. Sorgen macht mir aber mehr der Schatten, der sich schon ordentlich in die Länge zieht. Fast 15.00 Uhr ist es, als ich den Glaubenbergpass wieder erreiche...
Schliesslich erwische ich dann doch den richtigen Weg.