Sonntag, 24. Dezember 2017

Schöne Bescherung...

Hochnebel hat häufig den "Vorteil", dass es darunter einigermassen trocken sein sollte. Doch als ich heute Morgen die Storen hochziehe, stelle ich fest, dass die Natur für diesen Fall den Nebelregen erfunden hat. Danke dafür. So starte ich halt bei Nässe in Richtung Sonne. Nebelgrau mit Sprühregen, dazu 2 Grad: Hässlicher geht Wetter nicht. Aber das ist heute der Preis, um vom Grau ins Blau zu gelangen. Auf dem Weg dorthin habe ich die Wahl: Will ich durchnässt am Berg ankommen oder durchnässt und dreckig. Ich entscheide mich für das Erste und fahre überwiegend auf Strassen und Strässchen...
 
Auf diese Weise erhalte ich mir wenigstens die theoretische Chance, die Kleidung im Anschluss wieder sauber zu kriegen. Der Nebelregen hört ausgangs Oensingen schlagartig auf – die Strasse ist von einem Meter auf den anderen trocken. Bei Balsthal beginnt die Steigung: Der Kampf gegen das triste Grau ist damit lanciert. Auf etwa 700 m bin ich mitten in der Suppe. Hier habe ich das Gefühl, plötzlich in eine regelrechte Kaltluftblase zu geraten. Das Thermometer am GPS bestätigt mein Empfinden, indem es die Zehntelgrade im Sekundenrhythmus runterzählt: von plus 1 Grad auf minus 3...
 
Auf rund 900 m drückt bereits blauer Himmel durch. Etwas weiter oben wird dann der Blick auf das Nebelmeer frei. Jetzt hat es das GPS-Thermometer wieder sehr eilig – diesmal in Gegenrichtung. Am Hellchöpfli auf 1170 m blockiert ein Tor die weitere Auffahrt. Eine ehemalige, einst streng geheime Bloodhound-Stellung belagert hier den höchsten Punkt des Oberaargaus. Alles eingezäunt. Die letzten Meter zum Grat hangle ich mich mitsamt Fattie dem Zaun entlang. Obwohl es eigentlich kaum mehr als 30 cm Schnee hat, versaufe ich teilweise hüfthoch und erfinde dabei ein paar Worte. Nach einigem Kampf erreiche ich den Gratweg... 

Hellchöpfli-Strasse mit Nebelmeer und Bike
Aufstieg zum Hellchöpfli
Nebelmeer vom Hellchöpfli
Hellchöpfli, Aussichtspunkt
Nebelmeer von der Buchmatt aus
Blick zu den Alpen bei der Buchmatt
 
Hier gibt es auf rund 1230 m direkt am Militärzaun einen Aussichtspunkt, wo ich einige Zeit verweile und aufs Nebelmeer hinabschaue. Bei satten 8 Grad und wolkenlosem Himmel kann man endlich mal den gebeutelten Vitamin-D-Speicher auffüllen. Die Mittelfrist-Wetterprognose habe ich mir angesehen: Man wird ihn wohl rasch aufbrauchen! Meine etwas traumtänzerische Hoffnung, im Anschluss den Gratweg zur Schwängimatt fahren zu können, zerschlägt sich jedoch. Zu viel Schnee, nur wenige tiefe Fussspuren, anfangs kaum Gefälle. Nee, das gibt nix. Aber vorerst habe ich es sowieso nicht eilig, wieder in den Nebel abzusteigen...
 
Etwa anderthalb Stunden halte ich mich dort oben auf. Genug Zeit, um zu überlegen, welcher Abstieg denn nun am wenigsten unvernünftig ist. Schliesslich nehme ich den direkten, teils steilen Richtung Buchmatt. Viel kann ich auch hier nicht fahren, was aber nicht nur am Schnee liegt. Auf 1140 m wird die Sache wieder durchgehend fahrbar. Auf der Buchmatt liegt an der Sonne gar nicht mehr so viel Schnee. Kein Wunder bei der Wärme. Das Restaurant auf gut 1000 m ragt gerade noch aus dem Nebel. Ich umfahre es mit einer leicht alternativen Linie und biege kurz darauf in den Wanderweg nach Wolfisberg ein...
 
Die Nebelgrenze ist erreicht, die Temperatur fällt schlagartig. Auf dem eigentlich recht breiten Karrweg gibt es nun jene handtuchbreite, feste Trittspur im Schnee, die ich mir am Hellchöpfli vergebens erhofft habe. Sie ist zwar saumässig glatt, aber ausserhalb der Spur fährt es sich in der gefrorenen, weissen Mondlandschaft nicht besser. Singletrail einmal anders. Bei schlechter Sicht geht es vorsichtig talwärts. Plötzlich höre ich Kinder und steige sicherheitshalber vom Bike. Aus dem Grau taucht eine junge, vierköpfige Familie auf. Nachdem ich ein wenig über mein Gefährt ausgefragt worden bin, setze ich die Rutschpartie fort... 

Ankehubel mit Nebelmeer
Blick aufs Nebelmeer
Bikespur im Schnee
Rückblick zum Ankehubel
Bäume mit Reif unterhalb der Randflue
Randflue
 
Etwas später fahre ich nördlich an Wolfisberg vorbei nach Rumisberg und erreiche kurz darauf Wiedlisbach. Der Schnee ist jetzt wieder braun und heisst Morast. Immerhin hat der Nebelregen in der Zwischenzeit aufgehört. Ein paar Waldpassagen baue ich jetzt doch noch in den Nachhauseweg ein, was einen Farbwechsel meiner Kleidung von Rot zu Braun zur Folge hat. Rot gefällt mir aber besser, hoffentlich kriege ich das wieder hin. Zu Hause will man als Erstes von mir wissen, wo ich um Himmels Willen herkomme. Von drauss' vom Walde komm ich her; ich muss euch sagen, es morastet so sehr. Schöne Bescherung...


Tourdaten: Weite 50,3 km / Höhe 1180 m / Fahrzeit 3:21 h
GPS-Aufzeichnung der Tour: Hellchöpfli-Buchmatt
 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen