...genauso ist mein Verhältnis zum Schnee. Pünktlich zum astronomischen Winteranfang hält der Winter nun auch im Flachland für ein paar Tage Einzug. Der November 2017 hat sich auf meiner gestrigen Rekog-Tour zur Hinteregg würdig verabschiedet: Waagrechter Schneefall bei einer Sichtweite von allerhöchstens einem halben Meter sorgten für einen versöhnlichen Ausklang. Ironie off. Wichtiger war jedoch die Erkenntnis, dass auf vierstelliger Meereshöhe abseits der Teerstrassen mittlerweile nur noch Schlitten oder Skier zum Ziel führen. Zumindest wenn es auf- oder seitwärts geht. Abwärts hingegen, hm...
Eine am Jurasüdfuss stationierte Webcam zeigt mir heute Morgen, dass es dort letzte Nacht deutlich mehr Schnee hingelegt hat als die 3 cm, die vor unserer Haustüre liegen. Mal gucken, was mich erwartet. Kurz vor 09.00 Uhr fahre ich mit dem Traktor los. Das Salz auf den Strassen ist noch ein Grund mehr, diese zu meiden. Biken in jungfräulichem Schnee ist sowieso viel schöner. Bei minus 4 Grad heisst es sogar "Pulver gut" (aber wenig). Wegen eines Defekts muss ich leider ungeplant Wangen an der Aare in meine Tour einbauen, wo ich eine gute halbe Stunde Pause in einem Café verordnet bekomme...
Dort spricht mich ein älterer Herr an, ob ich zum Langlaufen ginge. Langlaufen? Hoffentlich nicht. "Nein, zum Biken", lautet meine Antwort. Sogleich stellt er mir die Anschlussfrage, ob ich denn Schneeketten am Bike hätte. "Nein, extrabreite Reifen", erwidere ich, worauf mich der Mann nur noch ungläubig anschaut. Schliesslich fahre ich dem frisch verschneiten Aareweg entlang und biege bei Coupe de bois Richtung Niederbipp ab, wo bereits deutlich mehr Schnee liegt als zu Hause. 10 cm sind das hier mindestens. Richtung Balsthal nimmt die Schneedecke dann eher wieder etwas ab...
Ich fahre hoch zum Farisberg und mache mich durch unberührten Pulverschnee auf den Weg hinab nach Langenbruck. Im Sommer ist dieser Weg eher langweilig, jetzt aber richtig herrlich. Auch beim anschliessenden Aufstieg nach Bärenwil liegt weitgehend unberührter Schnee. Dieser leistet bergauf durchaus spürbaren Widerstand, zumal die Schneedecke an Substanz gewinnt. Und zumal meine Form heute wieder unterirdisch ist. Bei der Santelhöchi folgen wenige, aber harte Höhenmeter bis zur Schlosshöchi. Ein echter K(r)ampf. Die Schneehöhe beträgt hier oben 1 cm, aber auch 70 cm. Beides stimmt, dem Wind sei Dank...
Auch wenn es naiv klingt, solche Verhältnisse habe ich nicht erwartet, nachdem es hier gestern noch fast schneefrei war. Aber der Winter hat nun mal eigene Gesetze, und der Spass ist tiefgründiger als mein Fluchen. Von der Tiefmatt geht es mit leichtem Auf und Ab Richtung Balsthaler Roggen. Auch hier bin ich höchstens mit Schrittgeschwindigkeit im Tiefschnee unterwegs. Plötzlich kommen mir auf einem unübersichtlichen, keine zwei Meter breiten Waldweg zwei Reiter in gestrecktem Galopp entgegen. Wie gut, bin ich nicht einige Meter weiter vorne bei der Kurve gewesen, das hätte ins Auge gehen können...
In überhöhtem Tempo reiten die beiden an mir vorbei, und ich spüre fast ihre Hufen. Sofort will ich mich für die Rücksicht bedanken, doch der männliche Teil der Reiterschaft reagiert immerhin höflich und findet umgehend die richtigen Worte: "Um Himmels Willen, sorry. Alles in Ordnung bei Ihnen?" Nein, nein, ist nur ein Witz. Seine Majestät reagiert deutlich authentischer und bietet mir sogar das Du an: "Gottverdami, gang doch uf d Site, du huere Löu." Sehr wohl, Ihr edler, erhabener Ritter auf dem hohen Rosse. Bitte Ihre Hohlheit vielmals um Gnade und Vergebung für meine Existenz...
Wenn Hochwürden durch sein Reich galoppiert, haben alle anderen sich bedingungslos zu unterwerfen oder, noch besser, sich gleich in Luft aufzulösen. Hätte Eure Majestät noch die Güte, mir zu erklären, wohin meine Wenigkeit hätte ausweichen sollen? Selbst wenn ich mich mit einem Doppelsalto den Hang hinab geworfen hätte, wäre mir erfahrungsgemäss ein Wort der Entschuldigung oder gar des Dankes ziemlich sicher verwehrt geblieben. Genauso wie all jenen Werkhofarbeitern, welche die Hinterlassenschaften der feinen Gesellschaft auf Kosten des Steuerzahlers von den Strassen, Geh- und Radwegen kratzen müssen...
Die Arroganz dieser Erde sitzt auf dem Rücken der Pferde. Oder wie ging noch gleich dieses Sprichwort? Meine Erfahrung spricht leider Bände. Doch ich will nicht alle Reiter in Sippenhaft nehmen – immer schön den Schneeball flach halten. Bestimmt gibt es auch anständige. Beim Balsthaler Roggen nehme ich den Umweg über die Roggenfluh. Der Aufstieg ist im Sommer eine Lachnummer, im Schnee jedoch kostet er Kraft, die ich heute wieder mit Willen kompensieren muss. Als ich das Bike über ein Gatter hieve, merke ich, wie viel Schnee und Eis es mittlerweile angesetzt hat...
Die Fahrt über den Kamm Roggenfluh ist herrlich und macht die Strapazen vergessen. Zumindest fast. "Na, geht es zum Langlaufen?", fragte der Mann im Wangener Café. Beinahe hatte er recht. Denn mit Laufen wäre ich hier wohl schneller vorwärts gekommen. Aber ich habe nun mal ein Fahrrad, kein Laufrad. Lange will ich nicht auf dem höchsten Punkt meiner Tour, der Roggenfluh (995 m), verweilen, die Sonne steht schon zu tief. Der kurze Downhill zum Oensinger Roggen ist dann voller Überraschungen. Mehrmals legt es mich beinahe hin...
Die Abendstimmung am Oensinger Roggen nehme ich noch mit, denn geht es hinab nach Oensingen, wo ein Kamerad bereits eine Bikespur in den Schnee gezogen hat. In der Ebene verfliegen Hysterie und Adrenalin allmählich, und ich beginne die Anstrengungen des Tages zu spüren. Der Schnee hellt die Landschaft etwas auf, so dass die intensive Tour gerade noch ohne Bike-Beleuchtung zu Ende gehen kann. 74 Kilometer, die sich mit einem Kraftfaktor von etwa 1,7 anfühlen wie 125. Die Gesetze des Winters eben. Einen Kilometer vor der Haustüre treffe ich übrigens noch einen Reiter. Seine Worte: "Guten Abend"...
Die Fahrt über den Kamm Roggenfluh ist herrlich und macht die Strapazen vergessen. Zumindest fast. "Na, geht es zum Langlaufen?", fragte der Mann im Wangener Café. Beinahe hatte er recht. Denn mit Laufen wäre ich hier wohl schneller vorwärts gekommen. Aber ich habe nun mal ein Fahrrad, kein Laufrad. Lange will ich nicht auf dem höchsten Punkt meiner Tour, der Roggenfluh (995 m), verweilen, die Sonne steht schon zu tief. Der kurze Downhill zum Oensinger Roggen ist dann voller Überraschungen. Mehrmals legt es mich beinahe hin...
Die Abendstimmung am Oensinger Roggen nehme ich noch mit, denn geht es hinab nach Oensingen, wo ein Kamerad bereits eine Bikespur in den Schnee gezogen hat. In der Ebene verfliegen Hysterie und Adrenalin allmählich, und ich beginne die Anstrengungen des Tages zu spüren. Der Schnee hellt die Landschaft etwas auf, so dass die intensive Tour gerade noch ohne Bike-Beleuchtung zu Ende gehen kann. 74 Kilometer, die sich mit einem Kraftfaktor von etwa 1,7 anfühlen wie 125. Die Gesetze des Winters eben. Einen Kilometer vor der Haustüre treffe ich übrigens noch einen Reiter. Seine Worte: "Guten Abend"...
Höhenprofil
Tourdaten: Weite 74,0 km / Höhe 1500 m / Fahrzeit 5:55 h
GPS-Aufzeichnung der Tour: Santelhöchi-Roggenfluh
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