Gestern Orkan, heute Büroarbeiten, morgen Orkan: So lautet die Reihenfolge. Ich bin am Verfassen eines Briefes, als mir kurz vor 14.00 Uhr plötzlich die Sonne schräg ins Gesicht scheint. Das hat bestimmt nichts zu bedeuten; der gestörte Wettermacher will wohl nur kurz ausleuchten, wo er noch ein bisschen rumschiffen und Bäume umlegen könnte. In wenigen Sekunden wird der Spuk sicher beendet sein, denke ich. Aber nein: blauer Himmel – minutenlang! In Rekordzeit ziehe ich die Bikekleider an, öffne die Haustüre und nehme einen herzhaften Graupelschauer entgegen. Von blauem Himmel keine Spur mehr...
Ist das jetzt auch Rekord? Oder April? Oder einfach nur Scheisse? Oder was?! Egal, jetzt gibt es kein Zurück mehr, ist es doch schon 14.00 Uhr! Und morgen soll ja das ungefähr dreissigste Tief des Jahres den dritten Orkan des Jahres bringen. Mit dem Normalo-Bike fahre ich ziellos davon. "Eben noch am Computer, jetzt auf unserer Showbühne", würde wohl Rudi Carrell sagen. Überstürzt oder spontan, je nach Geschmack. Mit 2 Grad ist es wieder mal alles andere als kalt. Der Wind ist recht stark, aber auszuhalten. Und so ein Graupelschauer macht doch viel mehr Spass, wenn er einem mit einer gewissen Geschwindigkeit ins Gesicht bläst...
Aber ich tue mir das ja freiwillig an. Wie fast immer, wenn ich kein Ziel habe, lande ich irgendwann in Oberbipp. Das ist fast schon ein Gesetz. So auch heute. Sandgestrahlt komme ich dort an und fahre bergwärts. Meine Fitness wurde anscheinend derart von der heutigen Tour überrumpelt, dass sie vor Schreck zu Hause am Computer geblieben ist. Beim steilen Aufstieg nach Wolfisberg knorze ich mir so richtig einen ab. Die Jacke ziehe ich aus, es ist zu warm. Oder zu wenig kalt. In der Höhe legt der Wind rasch zu, bleibt aber mit Böenspitzen von zirka 50 km/h vergleichsweise harmlos...
In der Höhe sinkt die Temperatur rasch unter den Gefrierpunkt, so dass mir ab etwa 800 m ein paar Schneestürmchen um die Ohren pfeifen, und ich mich zu fragen beginne, was ich hier eigentlich tue. Als aber zwischendurch wieder die Sonne zum Vorschein kommt, wird mir diese Frage beantwortet. Ich fahre mehr oder weniger ziellos am und auf dem Berg herum und wünsche mir ab und zu das Fattie, wenn ich mal wieder im vom Winde verwehten Schnee absaufe. Das Adrenalin pumpt. Jedenfalls vergesse ich, dass meine Fitness eigentlich miserabel ist...
Die Abendstimmung auf dem Berg ist trotz allem wunderbar. Und die paar Sonnenstrahlen sind Balsam in diesem einfach nur grauenhaften, jahreszeit-losen Januar. Schon alleine deswegen hat sich die Tour zwischen den Orkanen gelohnt. Schliesslich mache ich mich an den finalen Downhill und fahre trotz einbrechender Dunkelheit leicht ausschweifend nach Hause. Ob es das jetzt gebracht habe, werde ich dort leicht vorwurfsvoll gefragt. Beim Blick auf die Bilder sowie die Wetterprognose für die nächsten Tage lautet die Antwort klar ja. Und die Tour war übrigens spontan, nicht überstürzt...
GPS-Aufzeichnung der Tour: Hinteregg-Buchmatt
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