Freitag, 6. Mai 2016

Gorges du Pichoux

So langsam dreht die Grundströmung von Nord auf West. Damit ist nicht die Wetterlage gemeint, sondern meine Zugrichtung. Heute zieht es mich zur Gorges du Pichoux, wo ich im Herbst 2012 schon mal war. Erst um 09.15 Uhr starte ich. Bei praktisch wolkenlosem Himmel fahre ich nach Wangen, der Aare und später der Siggern entlang Richtung Hubersdorf und dann hinauf nach Balm. Weiter geht es die ziemlich steile alte Balmbergstrasse hoch zum Balmberg und dann zum Weissenstein. Wie fühle ich mich nach dem ersten Härtetest des Tages? Bestens, es kann weitergehen...
 
Ich fahre den direktesten Downhill nach Gänsbrunnen. Dieser führt zuerst ein paar Hundert Meter die steile Passstrasse hinunter. Erst bei 82 km/h ziehe ich an der Bremse, was nicht gerade vernünftig ist. Hier bin ich normalerweise vorsichtiger. Zwar ist die Strasse übersichtlich; allerdings gibt es im Wald auch Tiere, die unverhofft die Fahrbahn kreuzen könnten... Auf etwa 1150 m biege ich in den Wanderweg ein. Dieser ist auf der Karte meist als Singletrail markiert, ist aber eher ein bachbettartiger Karrweg. Aber auch ein Bachbett ist besser als Teer. Einige Minuten später erreiche ich Gänsbrunnen.
 
Kurz darauf passiere ich nicht nur die Kantons-, sondern auch die Sprachgrenze. Der Bahnhof Gänsbrunnen liegt bereits auf dem Gemeindegebiet von Crémines. Abseits der Hauptstrasse fahre ich nach Eschert und hinunter nach Moutier, welches heute ein sehr wichtiger "Verpflegungsposten" ist. Denn im weiteren Verlauf meiner Tour kommt definitiv kein dreistöckiges Einkaufscenter mehr. Auch Bergbeizen sind auf der Route eher rar. Nach einer kurzen Pause fahre ich nördlich am Dorfkern vorbei nach Perrefitte.
 
Perrefitte
Perrefitte
 
Auf einem steilen Weg geht es über die Pâturage de Moron. Danach fühlen sich die Beine an, als wären sie aus Stahl. Es folgt eine kurze Abfahrt, bevor es mit moderater Steigung nach Les Ecorcheresses geht. Jetzt folgt noch die landschaftlich sehr schöne Abfahrt dem Tchaibez-Bach entlang zum Eingang der Gorges du Pichoux. Kurz auf der Strasse geht es durch einen Tunnel. Direkt danach steige ich auf einem unscheinbaren Weg in die Schlucht ab. Über zahlreiche Felskanten ergiesst sich die Sorne hier mit ziemlichem Getöse Richtung Norden (später Nordosten), bis sie bei Delémont in die Birs mündet.
 
Tunnel in der Gorges du Pichoux
Weg direkt nach dem Abstieg in die Schlucht
Sorne in der Pichoux-Schlucht
und nochmals...
Wildromantisch...
Hier ging es durch den Bach
 
Der Bach führt mehr Wasser als damals im Herbst 2012. Ich folge ihm einige Hundert Meter durch die Schlucht. Der Pfad hört plötzlich auf und führt auf der anderen Seite der Sorne weiter. Fahrend komme ich hier nicht rüber. Ich ziehe kurzerhand die Schuhe aus und quere den Bach barfuss. Eigentlich ist das kalte Wasser ganz erfrischend – so lange es nur 30 Zentimeter tief ist. Wasser ist nicht so mein Element. Auf der anderen Seite ziehe ich die Schuhe wieder an und komme wenig später in ein kleines Paradies...
 
Sorne-Pichoux
Kleiner grüner See in der Pichoux-Schlucht

Schön grün...
Hier hätte ich die Schuhe nicht ausziehen müssen...
Viele kleine Zuflüsse speisen den See...
.
Die Sorne wird hier zu einem kleinen See gestaut, in den sich zahlreiche Wasserfälle ergiessen. Die Szene hat wirklich fast etwas Paradiesisches. Der perfekte Ort, um eine Pause einzulegen... Nach einigen Minuten Aufenthalt fahre ich weiter. Allzu lange hält die Paradies-Szene nicht an, denn bei Blanches Fontaines wird man unsanft wieder auf die Strasse ausgespuckt. Kurz darauf erreiche ich Undervelier. Noch im Dorf biege ich auf einen Singletrail ein, den man ohne Wanderwegschild kaum finden würde. Er führt wiederum wunderschön der Sorne entlang Richtung Les Forges, wo der Scheitelpunkt der Tour erreicht ist.
 
Hier beginnt die Steigung nach La Jacoterie. Mit sehr moderater Steigung, aber zahlreichen Kehren schraubt sich der Weg wahrhaftig zum Hof hinauf. Der klassische Wolf im Schafspelz, denn nach dem Hof wird die Steigung deutlich giftiger. Über eine Wiese mit guter Aussicht geht es am Hof Frénois vorbei und wenig später auf einem sehr schönen Trail einige Höhenmeter abwärts. Kurz darauf fahre ich wieder bergwärts zur Loge de Soulce und über den Grat mit einigem Auf und Ab nach La Combe.
 
Sorne bei Undervelier
Schöner Trail der Sorne entlang
Kurz vor Les Forges
Blick auf Glovelier bei La Jacoterie
Trail bei Frénois
Kurz vor Loge de Soulce
Ebene der Loge de Soulce
Blick auf Delémont auf dem Weg nach La Combe
 
Bei La Combe folgt noch eine kurze, giftige Steigung hinauf auf das Plateau der Montagne de Moutier. Zahlreiche geniale Trails führen mich hinab nach Moutier.
Ich glaube, ich habe so ziemlich das Maximum an Singletrails in die Abfahrt eingebunden: Ziel erreicht...
 
Trail nach Moutier
Blick vom Pavillon ob Moutier
Zunehmend Abendstimmung...
 
Leider macht sich zunehmend ein Hustenreiz bei tiefem Einatmen bemerkbar. Das habe ich im Frühling ab und zu. Eine allergische Reaktion, möglicherweise auf Gräserpollen. Denn kaum haben die Bauern zum ersten Mal das Gras geschnitten, und fahren mit Heuwendern herum, geht es los. Häufig setzt der Reiz erst nach 5 bis 6 Stunden Fahrt ein. Ein denkbar dummer Zeitpunkt auf einer grossen Tour. Die Ursache kenne ich nicht genau, dafür aber die Wirkung: deutlicher Leistungsverlust...
 
Und es kommt, wie es kommen muss: Nach einer kurzen Pause in Moutier fahre ich mit ständigem Gekratze im Hals aufwärts über Crémines nach Gänsbrunnen. Das Tempo fällt und fällt. Es ist, wie wenn man Sand im Getriebe hat, oder mit gedrosseltem Motor fährt. Nach Gänsbrunnen treffe ich auf einen alten Bekannten: den Weissenstein. Das wird hart. Ich nehme die steilste, weil kürzeste Auffahrt. Nach dem Motto: kurz und schmerzhaft. Es fährt nur noch der Kopf, aber ich schaffe den Kollegen mit Mühe. Mit Husten und Kratzen komme ich oben an...
 
Ich fahre kurz auf der Krete auf knapp 1300 m und hille dann down zum Balmberg und weiter über Günsberg bis zur Aare. Der Hustenreiz ist gekommen, um zu bleiben. Mit oberflächlicher Atmung nehme ich die restlichen 10 Kilometer. Fazit: Die Tour war sehr intensiv (auch ohne Hustenreiz), aber sie war der Hammer! Daran können auch irgendwelche herumfliegende Partikel nichts ändern. Spätestens nach dem nächsten Regen sind das Pollen von gestern.
 
Höhenprofil
 


Tourdaten: Weite 119,7 km / Höhe 3410 m / Fahrzeit 9:07 h
GPS-Aufzeichnung der Tour ansehen: Gorges du Pichoux
 

2 Kommentare:

  1. Hallo !
    tolle Tourenberichte und super inspiration !!
    lg Tinu E

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    1. Hallo Tinu, merci für deinen Kommentar! Es freut mich, dass dich meine Berichte inspirieren. Deine Touren sind aber auch inspirierend, ich studiere jedenfalls gerade an einer Buechibärg-Tour herum...

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