Zugegeben, es mag vielleicht etwas paradox sein, mit dem Mountainbike eine Stadt zum Ziel zu nehmen. Aber eigentlich ist ja der Weg das Ziel. Die Inspiration für diese "Schnapsidee" kam mir auf der Tour vom 18. Juli 2016, als ich vom Chasseral aus einige Gebäude der Stadt erblicken konnte. Einige Zeit habe ich an einer Strecke dorthin rumgefeilt, bis es passte. Und so starte ich heute um 07.30 Uhr nach einer komplett schlaflosen Nacht. Eine meiner Standardrouten um Solothurn herum ist momentan wegen einer Baustelle in Feldbrunnen erschwert, daher weiche ich auf Riedholz aus...
Der fehlende Schlaf scheint kein Problem zu sein, die Form stimmt. Klingt irgendwie verrückt, aber die Steigung nach La Chaux-de-Fonds beginnt bereits in Attisholz. Denn die Höhe, die man hier macht, wird man bis zum Ziel nicht mehr abgeben. Allmählich kommt Westwind auf, der mir nicht gerade Freude bereitet. Dass es noch einige Quellwolken hat, stört mich jedoch nicht – im Gegenteil. Auf dem Montoz-Plateau erreiche ich mit 1294 m ganz unauffällig den höchsten Punkt der Tour. Von der Métairie de Werdt (Werdtberg) geht es auf Wegen unterschiedlichster Beschaffenheit hinunter zum Col de Pierre Pertuis.
Verkörpern den Sommer geradezu: Sonnenblumen |
Höchster Punkt der Tour: Montoz, 1294 m |
Werdtberg (Blick auf Tavannes) |
Über die Montagne du Droit fahre ich weiter Richtung Mont Crosin und zum Mont Soleil. An La Ferrière vorbei führt mein Weg dann einen kurzen Moment der Kantonsgrenze Bern-Neuchâtel entlang. Etwas später geht es über einen etwa zwei Kilometer langen Wiesentrail mit vielen Gattern. Weit und breit nur Feld, Wald sowie ab und zu ein paar Kühe. Niemand käme auf die Idee, dass sich in unmittelbarer Nähe eine Stadt mit fast 40'000 Einwohnern befindet. Aber es ist so: Am Ende des Wiesentrails folgt noch ein Singletrail in einem kleinen Wäldchen, und schon findet man sich mitten in La Chaux-de-Fonds wieder...
Hof auf Montagne du Droit |
Mont Crosin |
Mont Soleil |
La Ferrière |
Trail an der Kantonsgrenze BE/NE |
Wiesentrail bei La Chaux-de-Fonds |
Die schachbrettartig angelegte Stadt, die keine Vororte hat, gehört seit einigen Jahren zum UNESCO-Welterbe. Sie ist vor allem mit der Uhrenindustrie gewachsen und mit deren Krise in den 1970ern wieder geschrumpft, hatte sie doch damals deutlich über 40'000 Einwohner. Das Klima in der Gegend ist ziemlich rau; die Chaux-de-Fonniers wissen definitiv noch, wie echter Winter geht. Zudem soll hier sogar das Schweizer Kerngebiet für die Entstehung von Tornadozellen sein. Ich drehe ein paar Runden (teils unfreiwillig) und entferne mich dann mangels sinnvoller Alternative wieder auf dem gleichen Gatter-Wiesentrail von der Stadt...
GPS-Aufzeichnung der Tour ansehen: La Chaux-de-Fonds
Blick auf La Chaux-de-Fonds |
La Chaux-de-Fonds mit Grand Temple |
Blick zum Chasseral von La Cibourg aus |
Ursprünglich war der Rückweg via Col de la Vue des Alpes und Val de Ruz geplant. Bis ich festgestellt habe, dass ich dort vor Jahren schon einmal war und sich meine Begeisterung damals eher in Grenzen hielt. Auch will ich nicht zurück via Mont Soleil und Mont Crosin. Also nehme ich eine Route durch das Vallon de St-Imier mit dem Ziel, 0 Prozent Hauptstrasse zu fahren. Dabei komme ich den Dörfern im Tal näher als üblich, streife oder durchfahre sie teilweise, aber das schadet auch nicht. Ich folge dabei fast ausschliesslich der Wanderweg-Beschilderung, was mich bei Cortébert kurz in die Irre führt.
Tourdaten: Weite 181,1 km / Höhe 3360 m / Fahrzeit 11:08 hGuckloch auf St-Imier |
Trail ob St-Imier |
Source de la Dou bei Cormoret |
Source de la Dou, kleiner Stausee |
Zwischen Courtelary und Cortébert (Zug war bestellt) |
Trail bei Sonceboz |
Mit dem Schwinden der Höhe nimmt die Temperatur spürbar zu. 26 Grad sind es in Sonceboz. Mein Körper beginnt mir immer deutlicher zu sagen, dass es ihm langsam aber sicher an Flüssigkeit mangelt, obwohl ich schon zig PET-Flaschen gehöhlt habe. Kurz vor Ladenschluss kaufe ich im Mini-Marché in Péry ein. Der elend lange, jedoch nie steile Aufstieg zum Wäsmeli passt so gar nicht in mein Bikerprofil und zieht mir tatsächlich fast ein bisschen den Zahn. Ein Kuhgatter zwingt mich zum Absteigen. Ich mag nicht mehr trinken, es widert mich richtig an.
Trotzdem schütte ich hier noch den letzten Liter Flüssigkeit in mich hinein, übergebe mich fast, und erhole mich danach markant. Einmal mehr: Der Körper hat gesprochen! Sicher hat auch geholfen, dass mit der allmählich tief stehenden Sonne und der zunehmenden Höhe die Temperatur wieder auf ein für mich angenehmes Niveau gesunken ist. Den Effekt, dass ich mich auf langen Sommertouren abends erhole, beobachte ich schon seit vielen Jahren. Er ist quasi ein Gesetz. Auf dem restlichen Heimweg nehme ich noch den einen oder anderen Singletrail und schiebe bei letztem Tageslicht das Bike wieder in die Garage...
Fazit: Die Tour war geil, die Leute im frankophonen Teil unseres Landes wie gewohnt offen und freundlich und die Kalorienbilanz des Tages tendenziell eher negativ...
Höhenprofil
GPS-Aufzeichnung der Tour ansehen: La Chaux-de-Fonds
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen